Sechs Galerien von Weltrang
Düsseldorf ist Hochburg der Kunst, das ist bekannt. Und dieser Weltruf beschränkt sich nicht allein auf die zahlreichen Museen und die berühmte Kunstakademie. Auch die lebendige Galerienszene lockt Sammler und Kunstfreunde aus ganz Europa an den Rhein. Doch wo anfangen bei der geballten Kunstpower? Wir haben sechs Galerien für euch herausgefiltert, die allesamt Weltniveau besitzen.
Beck & Eggeling
Paul Klee, August Macke, Ludwig Kirchner, Max Pechstein – die Namen sprechen Bände. In einem eleganten Palais im Stadtteil Carlstadt samt benachbarter Halle sind die Größen des deutschen Expressionismus zu finden, und das in bester Gesellschaft. Denn Ute Eggeling und Michael Beck haben ein beeindruckendes Künstler*innenportfolio vorzuweisen. So hat die Galerie beispielsweise auch die Arbeiten von Heinz Mack aus dessen Zero-Zeit exklusiv im Programm, daneben internationale zeitgenössische Positionen von Manolo Valdés, der inzwischen verstorbenen Magdalena Abakanowicz sowie Arbeiten der deutschen Fotografen Joachim Brohm und Thomas Wrede. Die Galerist*innen, beide haben Kunstgeschichte studiert, bespielen ihre zwei außergewöhnlichen Räumlichkeiten durchgehend mit spannenden Ausstellungen. „Wir lieben es, zeit- und disziplinübergreifend zu arbeiten, unterschiedliche Positionen gegenüberzustellen“, sagt Ute Eggeling über ihre Philosophie. So trifft hier bisweilen antike Kunst auf Zeitgenössisches oder zu anderer Gelegenheit der Maler Gotthard Graubner auf die Keramik von Fausto Melotti. Dokumentiert werden solche hochkarätigen Schauen in Publikationen des hauseigenen Verlags. Mehr als einhundert Bücher hat Beck & Eggeling in den vergangenen 25 Jahren veröffentlicht, die weit über den Anspruch eines Verkaufskatalogs hinausreichen und kunstgeschichtliche Relevanz haben.
Konrad Fischer
Als Dorothee und Konrad Fischer im Oktober 1967 in einem kleinen Raum in der Düsseldorfer Neubrückstraße mit in ihrer ersten Ausstellung Carl Andre präsentierten, waren Minimal Art und Konzeptkunst nahezu unbekannt in Europa. Nachfolgend hatten Avantgardist*innen wie Richard Long, Bruce Nauman, Sol LeWitt, On Kawara, Lawrence Weiner, Hanne Darboven und Robert Ryman ihre ersten europäischen Auftritte bei den Fischers, deren Pioniergeist die Rezeption von Kunst in Deutschland entscheidend beeinflusste. Denn noch etwas war anders: Die Fischers luden die Künstler*innen selbst zu Projekten nach Düsseldorf ein, statt lediglich deren Arbeiten vorzustellen. Diese bis dahin eher unübliche Vorgehensweise führte zu einem internationalen Netzwerk von Künstler*innen und ebnete den Boden für ortsbezogene Skulpturen, Malereien und Installationen. Daniel Buren stellte bei Konrad seine Rauminterventionen vor, Gilbert & George ihre „Singing Sculpture“ und Wolfgang Laib seine Arbeiten aus Bienenwachs und Blütenstaub. Der progressive Ansatz ist und bleibt Geschäftsmodell und Lebensphilosophie. So wurde das Programm seit Bestehen der Galerie stetig erweitert. Was bleibt, ist die Verbindlichkeit. Auch die Generation von Künstler*innen wie Guy Ben-Ner, Peter Buggenhout, Aleana Egan, Jim Lambie, Manfred Pernice, Magnus Plessen, Wolfgang Plöger, Gregor Schneider und Paloma Varga Weisz ist eng mit der Galerie verbunden.
Sies & Höke
Nina Höke und Alexander Sies haben erwiesenermaßen ein Händchen für zeitgenössische Kunst. Seit 1999 bewegen sich die Beiden zwanglos durch alle Medien und Genres und haben in dieser Zeit schon manche Künstler*innenkarriere angeschoben. Beispielsweise die des kanadischen Zeichners Marcel Dzama, des belgischen Konzeptkünstlers Kris Martin und des costa-ricanischen Malers Federico Herrero, die alle in den frühen 2000er Jahren ihre ersten Ausstellungen in der Galerie hatten. Man denkt und handelt international, das spiegelt sich in den Schauen, den Messen, den Publikationen und nicht zuletzt in der Riege der Künstler*innen, die sich langfristig für Sies + Höke entscheiden. Für Kunstfans führt also kein Weg an den denkmalgeschützten Räumlichkeiten des ehemaligen Postgebäudes in der Carlstadt vorbei, die von einst 200 Quadratmeter auf nun 1000 Quadratmeter angewachsen sind. Gleich mehrere Ausstellungen zeigen Sies + Höke in dem verschachtelten Gebäude parallel auf drei Etagen. Ein halber Nachmittag ist da schnell vorüber. Unbedingt vormerken sollte man sich die Gerhard-Richter-Schau, die Alexander Sies und Nina Höke für Februar 2022 geplant haben. Dann zeigt das kunsthandelnde Paar auf der gesamten Galeriefläche die bislang größte Ausstellung von Zeichnungen des berühmten Malers. Eröffnung ist am 4. Februar 2022. Fünf Tage später, am 9.2.2022, feiert Richter seinen 90. Geburtstag.
Hans Mayer
Hans Mayer ist ein Mann der ersten Stunde. Er war der Erste, der 1969 Andy Warhol in Düsseldorf zeigte. Nachfolgend brachte er einen ganzen Schwung amerikanischer Künstler wie Frank Stella, Ellsworth Kelly, Bill Beckley, Robert Rauschenberg, Roy Lichtenstein und Tom Wesselmann in die Stadt. Die Liste der klingenden Namen ließe sich noch lange fortsetzen. So ist Hans Mayer im Rheinland selbst eine lebende Legende und seine Galerie im Schmela-Haus, in direkter Nachbarschaft zur Kunstsammlung K20, der Kunsthalle und dem Kunstverein am Grabbeplatz, Pilgerstätte für Kunstsammler*innen. Und nicht nur hier hat Hans Mayer eine Marke etabliert: Die Galerie hat sich auch auf Großskulpturen im Freien spezialisiert und ist seit ihren Anfängen bekannt für ihre disziplinübergreifenden Aktivitäten. Mit im Haus und unbedingt sehenswert: die Galerie des Sohnes von Hans Mayer, Max Mayer, der sich der jungen Kunst verschrieben hat.
Setareh
Die meisten der großen, etablierten Düsseldorfer Galerien wurden in den 1990er Jahren gegründet, der Zeit des boomenden Kunstmarkts. Setareh auf der Königsallee macht hier eine Ausnahme. Die Galerie öffnete 2013 ihren Pforten und konzentriert sich seither darauf, zeitgenössische Kunst zu fördern. Unter anderem mit dem Konzept, aufstrebende Künstler etablierten Positionen gegenüberzustellen. Durch einen solchen Perspektivwechsel verbinden sich, so der Idee dahinter, die unterschiedlichsten Epochen. Ebenfalls ein Markenzeichen: Setareh bietet virtuelle Besichtigungsräume, Atelierbesuche oder Interviews mit Künstler*innen und steht auch selbst im regen Online-Austausch mit den Sammlern. Hier ist man also am Puls der Zeit.
Schönewald
Das Who’s who der internationalen Kunstwelt gibt sich im Stadtteil Flingern die Ehre. Paul Schönewald ist seit 1992 auf namhafte Künstler*innen der deutschen und amerikanischen Nachkriegs- und Gegenwartskunst spezialisiert, wie Josef Albers, Carl Andre, Georg Baselitz, Bernd und Hilla Becher, John Chamberlain, Gotthard Graubner, Donald Judd, Yayoi Kusama, Agnes Martin, Blinky Palermo, Sigmar Polke, Gerhard Richter, Thomas Schütte, Rosemarie Trockel oder Cy Twombly. Seit 2006 residiert der Galerist in einer ehemaligen Hydraulikfabrik, die er vom Büro Selldorf Architects aus New York umbauen ließ. Schon allein die spektakulären Räumlichkeiten im Hinterhof der Lindenstraße sind einen Besuch wert. Aber auch die Talente, die Paul Schönewald fördert, sorgen für Überraschungen. Daneben betreut und entwickelt der Kunsthändler seit vielen Jahren bedeutende Sammlungen im In- und Ausland.
Titelbild:
Jubiläum Ausstellungsansicht: 50 Jahre Konrad Fischer Galerie, 2017
Carl Andre
Tony Cragg
Lawrence Weiner
© Achim Kukulies