„Düsseldorf ist mir ans Herz gewachsen“

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„Düsseldorf ist mir ans Herz gewachsen“

Interview mit Judith Winterhager

Über Umwege gelangte Judith Winterhager im Januar 2020 an den Rhein. Heute verantwortet sie als kuratorische Assistentin in enger Zusammenarbeit mit Alain Bieber, dem künstlerischen Leiter des NRW-Forums, unterschiedliche Ausstellungsprojekte. An der Streetart-Ausstellung „Wonderwalls“, die gerade als erfolgreichste Schau in der Geschichte des NRW-Forums ihre Tore schloss, war Winterhager als Co-Kuratorin beteiligt. Im Gespräch verrät die Wahl-Rheinländerin, was ihr Düsseldorf bedeutet, wie man eine zeitgemäße Ausstellung kuratiert und wie spannend es sein kann, wenn Aspekte der erweiterten und virtuellen Realität Einzug in die Kunstwelt halten.

Du hast am Bauhaus in Weimar studiert und in Paris, Zürich und London gelebt. Welche Rolle spielt der Standort Düsseldorf für deine Arbeit?

Mich interessieren popkulturelle und gesellschaftliche Phänomene. Da Düsseldorf für seine zeitgenössische Fotografie, aber auch für digitale Kunst und Kultur bekannt ist, fühle ich mich hier am richtigen Ort. Die Hipness und die Offenheit, die man hier spürt und die das Ganze tragen, sind in meinen Augen etwas Besonderes. Es gibt viele renommierte Kunstinstitutionen, eine sehr große Brandbreite. 

Wie hat sich dein Blick auf Düsseldorf verändert, seit du im NRW-Forum arbeitest?

Nun, seit ich hier lebe, hat sich mein Wissen um die Kunstszene vertieft – ich bin auf historische Persönlichkeiten wie beispielsweise den ZERO-Galeristen Alfred Schmela gestoßen, habe die Julia Stoschek Collection und die Stiftung Insel Hombroich kennengelernt. Ich durfte feststellen, dass der Austausch innerhalb der Szene eng ist und es gute Fördermöglichkeiten gibt.

Was macht Düsseldorf für dich persönlich besonders?

Düsseldorf ist überschaubar, hat aber, was das kulturelle Angebot angeht, alles, was eine Großstadt braucht. Ich lebe in Oberbilk und liebe die große Auswahl an marokkanischen Restaurants dort. Daneben ist „Little Tokyo“ natürlich auch einzigartig. Nachdem ich die Stadt mehr und mehr erkundet habe, ist sie mir sehr ans Herz gewachsen.  

Was inspiriert dich in Düsseldorf?

Die Offenheit! Ich schätze die rheinländische Mentalität sehr und habe hier viele außergewöhnliche und witzige Leute kennengelernt. Toll ist auch die reiche Hochschulszene. Dank der Hochschule Düsseldorf (HSD), der Heinrich-Heine-Universität und der Kunstakademie werden immer wieder interessante junge Leute in die Stadt gespült. Gut finde ich, dass sich die Akademie nicht dem Punktesystem der Bachelor- und Masterstudiengänge unterwirft. In den Arbeiten der Student*innen ist diese Freiheit absolut spürbar!

Du hast gerade die Ausstellung „Wonderwalls“ co-kuratiert, die ein großer Publikumserfolg war. Und auch die AR Biennale, in der digitale Kunstwerke und Augmented Reality eine tragende Rolle spielen, findet bald wieder statt. Wird das NRW-Forum den Erwartungen gerecht, die angesichts solch progressiver Veranstaltungen an das Haus gestellt werden?

Ja, indem wir in Bewegung bleiben und uns immer die Frage stellen: Wie können kulturelle Institutionen von der digitalen Transformation der Gesellschaft profitieren? Wie sieht das Museum der Zukunft aus? Die Plattform nextmuseum.io zeigt uns da sehr interessante Ansätze auf.

Kannst du uns ein Beispiel nennen?

Da geht es beispielsweise um Themen wie Schwarmkuratieren, sprich: das Einbeziehen von Kollaborateur*innen in den kuratorischen Prozess. Dazu werden auf der Plattform Open Calls ausgeschrieben und jede*r und kann eine Arbeit zu dem Thema einreichen. So bekommen auch unbekanntere Künstler*innen die Gelegenheit, sich und ihre Arbeit zu präsentieren. Wir haben das in den Ausstellungen „Subversives Design“ und „Willkommen im Paradies“ bereits praktiziert und unter anderem die Arbeiten von Student*innen der Hochschule Düsseldorf gleichberechtigt neben jenen ausgewählter Künstler*innen in den Ausstellungen gezeigt.  

Woran arbeitest du jetzt?

In diesem Jahr gibt es zwei Ausstellungen, die ich allein verantworten darf: Die Fotografie-Retrospektive von Andreas Gefeller und die zweite Edition der AR Biennale mit dem Titel „Hybrid Nature“, die ich gemeinsam mit Sonja Wunderlich kuratiere. Dort wird es um neue, herausfordernde Konzepte von Natur gehen, um das Verschmelzen von Mensch, Natur und Technik in einer erweiterten Realität. Außerdem planen wir gemeinsam mit dem Künstlerstudio Christian Mio Loclair und nextmuseum.io eine digitale Dependance. Ein erlebbares Metaversum, in dem Ausstellungen und Residencies stattfinden. Du kannst dir einen Avatar aussuchen, ihn in futuristische Kleidung stecken und damit das virtuelle Museum besuchen.

Was würdest du am meisten vermissen, wenn du Düsseldorf verlassen müsstest?

Den Rhein und das Team hier. Der Teamspirit ist großartig, man begegnet sich auf Augenhöhe, jede*r darf etwas beitragen. So ein tolles Team wie hier hatte ich noch nie!

Reportage von Ilona Marx und Sebastian Wolf (Fotos).

Dieser Beitrag ist gefördert durch REACT-EU.

Bilder: Düsseldorf Tourismus

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