Walter Gehlen steht im blauen Anzug mit verschränkten Armen, zur Seite blickend vor einer unverputzten Wand.

Walter Gehlen, Direktor der Art Düsseldorf, über Messen, Kunsterwerb & rheinische Auenlandschaften

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„Die Demokratisierung der Kunst ist ein Prozess, der bereits seit den Dadaisten ein Thema ist.“

2017 reagierte die Kunstszene zunächst skeptisch auf die Gründung der Art Düsseldorf. Doch siehe da: Die Messe hat sich etabliert und ist ein fester Termin für Sammler*innen, Kurator*innen, Galerist*innen und Kunstinteressierte – und zwar nicht nur aus der Region. Vom 12. bis 14. April findet bereits ihre sechste Edition mit qualitativ hochwertigen und sorgfältig kuratierten Austeller*innen statt. Insgesamt 105 Galerien, darunter 34 neue Teilnehmer*innen, präsentieren ihr Programm. Was die Besucher*innen in diesem Jahr erwartet und wie wichtig es den Veranstalter*innen ist, auch Publikum außerhalb der Kunstblase auf dem Gelände des Areal Böhler zu begrüßen, darüber sprachen wir mit Walter Gehlen, Direktor der Art Düsseldorf.

Herr Gehlen, Sie sind Gründer der Art Düsseldorf. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine Kunstmesse in der Landeshauptstadt zu starten?
Das Rheinland hat zwei Kunsthauptstädte, das ist seit Jahrzehnten gelernte Realität. Ich wollte daher eine Lösung finden, Düsseldorf mit all seinen Institutionen und Galerien in das Spotlight der internationalen Kunstszene zu rücken. Da war es naheliegend, eine neue Messe ins Leben zu rufen; und das habe ich im Jahr 2017 mit der Art Düsseldorf getan. Entgegen allen Zweifeln, die anfangs an diesem Vorhaben geäußert wurden, war meine Einschätzung richtig. Wir schauen inzwischen auf eine Messelandschaft in Deutschland, die offenbar sehr gut die Bedürfnisse aller Akteur*innen der Kunstszene, aber auch die des Publikums, abbildet.

Wie sind Sie persönlich zur Kunst gekommen?
Ich habe mich nach dem Abitur an der Düsseldorfer Kunstakademie beworben, da ich Interesse daran hatte, Künstler zu werden. Das hat aber nicht geklappt, woraufhin ich begonnen habe, Kunstgeschichte in Köln zu studieren. Hier fehlten mir aber die wirtschaftlichen Themen, daher habe ich parallel ein Studium der Volkswirtschaftslehre abgeschlossen – Kunstgeschichte habe ich eher als „Lustfach“ studiert. Im Jahr 2003 verwirklichte ich die Idee, in Köln eine Kunstmesse neben der Art Cologne umzusetzen, die Artfair. Das war sozusagen mein Start in den Kunstbetrieb.

Gemälde von Gory Mora.
„Cozy“ von Gori Mora. (Galeria Pelaires)

Sie sagten gerade, dass Ihnen im Fach Kunstgeschichte der wirtschaftliche Aspekt gefehlt hat. Das klingt sehr lebensnah. Welchen Stellenwert sollte Ihrer Ansicht nach Kunst generell in der Gesellschaft haben?
Die Kunst ist in diesen Zeiten ein sehr wichtiges kulturelles Element, das Städte, Länder, ja sogar Kontinente, wenn nicht die ganze Welt umfasst. Sie ermöglicht es uns hervorragend miteinander in Kontakt zu treten, ohne um die richtigen Worte ringen zu müssen und ist daher nicht wegzudenken.

Was ist das Besondere an der Art Düsseldorf und was unterscheidet sie von anderen etablierten Kunstmessen?
Jede Kunstmesse steht in Bezug zu ihrem Veranstaltungsort. Auch die Stadt Düsseldorf hat ihr eigenes Profil mit einer interessanten Galerienlandschaft, wichtigen Sammlungen und einem speziellen Publikum. Das macht ihre Atmosphäre aus. Hinzu kommt das Programm der Art Düsseldorf und die besondere Veranstaltungslocation: Das Areal Böhler. Das loben Publikum und auch die Teilnehmenden immer wieder. Die große Ausstellungsqualität im Areal Böhler, die alten Stahlwerkhallen haben einen sehr positiven Einfluss auf die Aufenthaltsqualität für Besucher*innen und Galerien. Wir können in Kooperation mit den Akteur*innen in Düsseldorf zudem ein hervorragendes Rahmenprogramm umsetzen − mit Talks und Führungen über die Messe. Das strahlt auch in die Institutionen und Sammlungen. Wofür die Art Düsseldorf außerdem wiederholt gelobt wird, ist der hervorragende Ausstellungsparcours mit tollen Arbeiten, der vom Publikum mit großem Interesse aufgenommen wird.

Fotocollage auf schwarzem Hintergrund von Any Reimann
„Penelope“ von Anys Reimann. (Galerie Van Horn)

Welche Galerien sind 2024 dabei, auf welche Ausstellenden sind Sie besonders stolz? Und unter welchen Kriterien haben Sie die Galerien ausgesucht?
Das wichtigste Kriterium ist für uns Qualität, und auch das Gesamtportfolio der Künstler*innen und Werke auf der Messe ist sehr ausgewogen. Da diese Aspekte bei der Auswahl eine große Rolle spielen, unterstützt uns im Prozess eine Fachjury. Ich bin in diesem Jahr besonders gespannt auf die Positionen bei Konrad Fischer, Galerie Thomas Schulte oder der Buchmann Galerie aus Berlin und bei Kewenig, aus Berlin und Mallorca.

Die Kunstbranche ist bisweilen sehr elitär; mit der Art Düsseldorf gehen Sie andere Wege. Sie sind sehr offen für alle Kunstinteressierten und möchten auch ein Publikum außerhalb der Branche ansprechen. Warum ist Ihnen das so wichtig?
Meiner Meinung nach gibt es keine andere Institution als die Kunstmesse, die stärker die Aufgabe übernehmen sollte, neue Sammler*innen zu gewinnen. Man kann über die Messe sehr gut ein breites kunstinteressiertes Publikum erreichen. Für eine Galerie ist es erheblich schwerer herauszufinden, welche Zielgruppe an ihrem speziellen Programm interessiert ist, sie gleichzeitig zu kontaktieren und zu Veranstaltungen einzuladen. Eine Kunstmesse hingegen ist ein großes Ereignis, das auch über Social Media flächendeckend mehr Leute ansprechen und erreichen kann. Es ist unsere Aufgabe, jedes Jahr aufs Neue herauszufinden, wie wir Menschen finden, die sich für Kunst interessieren und diese neuen Sammler*innen mit den Galerien in Verbindung zu bringen. Kunst zu kaufen, ist eine großartige Sache – nicht nur für die persönliche Entwicklung. Letztendlich ist Kunst auch als Investment interessant. Man sollte dazu aber vorher mit seinem oder seiner Steuerberater*in sprechen, denn es gibt in dem Bereich viele Möglichkeiten. Insgesamt ist Kunst zu kaufen eine wonnevolle und spannende Aufgabe.

Steht das Konzept der Art Düsseldorf für eine Art Demokratisierung der Kunst, durch die selbst Interessierte mit kleinem Budget Arbeiten erwerben können?
Die Demokratisierung der Kunst ist ein Prozess, der bereits seit den Dadaisten ein Thema ist. In der Tat kann jeder Mensch, der Interesse an Kunst hat, über den Besuch von Museen seine Leidenschaft füttern. Aber man hat außerdem die Möglichkeit, mit kleinem Budget Arbeiten zu kaufen wie zum Beispiel Editionen. Der Erwerb von Kunst ist heutzutage also denkbar einfach und mit großer Freude auch auf der Art Düsseldorf umsetzbar.

Wie sehen Sie in dem Zusammenhang den neuen Kunstpalast? Ist es eine Art Trend, Kunst für ein breites Publikum zugänglich zu machen?
Es ist doch großartig, wenn Kunst viele Menschen erreicht, das ist genau der richtige Weg. Erreicht man das mit einem abwechslungsreichen Programm, dann ist es eine starke Leistung. Nicht ohne Grund wird der Kunstpalast von Presse und Publikum gelobt.


Art:walk48

Mit dem Ticket Art:walk 48 habt ihr zwei Tage (48 Stunden) Zutritt zu sechs renommierten Kunstmuseen in Düsseldorf: K20, K21, Kunsthalle, Kunstpalast, NRW Forum und KIT.
(Foto: U. Otte)


Neben dem neuen Kunstpalast: Was schätzen Sie noch in und an Düsseldorf?
Ich bin gebürtiger Düsseldorfer und wohne in Köln. Dementsprechend bin ich jemand, der die Vorteile beider Städte in vollen Zügen genießt. Es gehört zu Düsseldorf, dass man ein hochkarätiges Kunstprogramm geboten bekommt. Daher bin ich auch Mitglied in den Fördervereinen der einzelnen Institutionen. Ich empfehle jedem, das zu tun, denn man bekommt bei den Previews der Ausstellungen tolle Führungen, die einem sehr viel vermitteln, und trifft auf Gleichgesinnte. Und man kann Düsseldorf hervorragend essen gehen. Außerdem bin ich mit der rheinischen Auenlandschaft aufgewachsen, die mich zutiefst berührt und mich immer wieder nach Düsseldorf zu ausgedehnten Spaziergängen zieht, wie zum Beispiel von Kaiserswerth nach Stockum.

Mehr Informationen unter art-dus.de.

Interview: Katja Vaders
Fotos: Art Düsseldorf 2023

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