Portrait der Kuratorin Felicity Korn im Kunstpalast.

#3 Deep Dive Kunstpalast – Kuratorin Felicity Korn im Interview

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„Im Leben einer Kunsthistorikerin kommt es nicht so häufig vor, dass man ein ganzes Museum neu denken darf.“

Die Kunsthistorikerin Felicity Korn ist als Kuratorin im Düsseldorfer Kunstpalast für die Gemälde- und Skulpturensammlung des 20. und 21. Jahrhunderts zuständig. Als strategische Leitung hat sie gemeinsam mit dem Generaldirektor Felix Krämer und der Kuratorin Westrey Page die Neugestaltung des ehrwürdigen Museums im Düsseldorfer Ehrenhof verantwortet. Für den dritten Teil des Deep Dive Kunstpalast haben wir mit ihr über ihre spannende Arbeit hinter den Kulissen der Sammlung gesprochen.

Nach drei Jahren Umbau und fünf Jahren Vorbereitungen hinter den Kulissen hat der neue Kunstpalast im vergangenen November eröffnet. Was war das für ein Gefühl?
Wie ich den traditionell ersten Besuchenden all unserer Ausstellungen − den Kindern in der Preview − treffend gesagt habe: ‚Es hat sich angefühlt wie Geburtstag, Weihnachten, Ostern, Sankt Martin und Nikolaus zusammen.‘ Es war total überwältigend nach all der Zeit, die wir reingesteckt haben. Ich empfinde es als riesiges Privileg, dass uns die Stadt Düsseldorf in unserer neuen Vision des Kunstpalasts so sehr unterstützt hat und uns das Vertrauen ausgesprochen hat. Im Leben einer Kunsthistorikerin kommt es nicht sohäufig vor, dass man ein ganzes Museum neu denken darf.

Wie kam es zur Neugestaltung des Kunstpalast?
Als Felix Krämer und ich 2017 an den Ehrenhof kamen, war klar, dass der Altbau sanierungsbedürftig ist, und wir haben es als Anlass genommen, das Museum grundlegend neu zu entwickeln. Wir hatten das wahnsinnig tolle Gebäudegerüst und haben uns gefragt: Wie bekommen wir das Museum da rein? Wie wollen wir den Rundgang gestalten? Wie verteilen wir die Epochen und Sammlungsbereiche auf die 5.000 Quadratmeter, die wir zur Verfügung haben? Der Kunstpalast funktionierte als Ausstellungsraum, aber als Kunstmuseum hat man ihn nicht richtig wahrgenommen – das wollten wir ändern. Auch wenn es fünf Jahre Planung und drei Jahre Umbau bedurfte.

Welche Aspekte waren euch bei der Kuration der vielen Kunstwerke für den Kunstpalast von Bedeutung?
Bisher gab es im Kunstpalast zwei verschiedene Eingänge. Jetzt haben wir einen geschlossenen Rundgang. Vorher zerfiel die Sammlung in einzelne Bereiche, es gab ein paar Brüche. Wir sind jetzt streng chronologisch vorgegangen, jeder Raum hat seine feste Zeitepoche. Aufgrund der sieben unterschiedlichen Sammlungsbereiche und der vielen kulturellen Kontexte, aus denen die Exponate stammen, war der Entstehungszeitpunkt ein guter gemeinsamer Nenner – es ist ein neutraler Wert, mit dem wir nicht so sehr von außen eingreifen. Uns ist sehr wichtig, dass wir die Exponate für sich sprechen lassen und nicht zu viel Auslegung vorgeben. Wir hatten das Gefühl, dass dieser neutrale Rahmen inklusiver ist und so mehr Kunstwerke zum Sprechen kommen.

Was war elementar wichtig für das neuartige Erleben der Kunstwerke?
Im Vordergrund geht es uns um die Kunst. Alle Türen stehen offen. Man hat keine Schwelle und fühlt sich immer willkommen. Jedes Werk hat einen Objekttext und dieser ist immer gleich lang – egal ob es sich um den berühmten Rubens oder das Gemälde einer bis dato unbekannten Künstlerin handelt. Jedes Kunstwerk wird gleich behandelt und man kann sich mit jedem Kunstwerk befassen.

Von Digitalisierung bis Partizipation – was bietet der Kunstpalast seinen Besucher*innen?
Für uns ist es immens wichtig, dass sich im Kunstpalast jeder angesprochen fühlt und dass man keine Hemmungen hat, auch Spaß zu haben. Wir sind im Museum, aber man darf lachen und soll bitte die Kinder mitbringen und vor den Kunstwerken lebhaft diskutieren. Jede Besucher*innengruppe hat andere Bedürfnisse und die versuchen wir auf allen Ebenen anzusprechen. Ob über unseren Tonies-Audioguide für Kinder, das digitale Erlebnis über die Kunstpalast-App oder das in den Rundgang integrierte Atelier, in dem man Kurse belegen kann. Es gibt immer wieder neue Ideen und wir probieren viel aus. Wir veranstalten für die jüngeren Besucher*innen das Palastrauschen oder bieten unter dem Titel „Dein Kunstpalast“ Stadtteiltage an, wo wir ganze Düsseldorfer Stadtteile kostenlos ins Museum einladen.

Wie kann man sich die Arbeit einer Kuratorin überhaupt vorstellen?
Die meiste Zeit nehmen die Ausstellungen ein, die wir vorbereiten. Ich sitze aktuell an vier Ausstellungsprojekten für die nächsten Jahre. Ansonsten ist man als Kuratorin sehr damit beschäftigt, die Sammlung zu pflegen und die Verleihung unserer Werke zu betreuen. Man arbeitet mit Restaurator*innen zusammen, klärt logistische und kunsthistorische Fragen und sorgt für Neuerwerbungen − wie auf der Art Düsseldorf. Ich bin viel unterwegs auf Kunstmessen und internationalen Ausstellungen wie der Biennale oder Art Basel und versuche, zahlreiche Ausstellungen von Kolleg*innen anzuschauen, um Inspirationen zu gewinnen.

Wie wird man eigentlich Kurator*in eines Museums?
Ich habe in Karlsruhe Kunstwissenschaften studiert und hatte Glück, ein Volontariat am Städel Museum in Frankfurt zu bekommen – bei dem damaligen Sammlungsleiter der Kunst der Moderne: Felix Krämer. Er hat mich direkt sehr stark in kuratorische Projekte miteinbezogen. Gemeinsam haben wir diverse Ausstellungen realisiert. Als seine Referentin kam ich dann 2017 nach Düsseldorf und habe im Rahmen des Umbaus die Strategie geleitet. Dann wurde meine aktuelle Stelle als Kuratorin frei – und seitdem stelle ich jeden Tag fest, dass es genau das ist, was ich immer machen wollte.

Welchen Tipp hast du, um die Sammlung bestmöglich zu erkunden?
Man darf offenen Auges durch den Kunstpalast gehen und einfach schauen, was einen anspricht − frei der Nase nach. Die Kunstpalast-App bietet dazu eine ganz gute Orientierung, ist informativ und macht Spaß. Man sollte Zeit mitbringen und bequeme Schuhe – der Rest passiert von selbst.

Zu welcher Zeit ist der Kunstpalast am schönsten?
Am Wochenende, wenn es bumsvoll ist. Ich freue mich riesig, dass der neue Kunstpalast so gut angenommen wird.

kunstpalast.de

Interview: Karolina Landowski
Fotos: Kunstpalast
Aufmacherfoto: Andreas Endermann

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