
Shizen – Das Restaurant von Sofian Neubauer mit japanisch-skandinavischen Einflüssen
Interview
„Als Fremde gekommen, als Freunde gegangen.“
Im November eröffnet das Shizen. Es ist das erste Restaurant von Sofian Neubauer, der seit 2020 das Düsseldorfer Genusspublikum mit Private Dining beglückte. Mit der von ihm gegründeten Sofian Food Foundation veranstaltete er Fine-Dining-Events an ungewöhnlichen Orten. Nun hat der 43-jährige Chef in einem Hinterhof an der Ackerstraße 79 eine Heimat für seine kulinarischen Ideen gefunden. Fortan wird Neubauer dort seine japanisch-skandinavischen Kreationen kredenzen − mit einem ungewöhnlichen Konzept. Im Interview verrät er, was seine Gäste erwartet und wo er selbst gerne essen geht.

Du beschreibst deine Küche als japanisch-skandinavisch. Das klingt sehr ungewöhnlich. Wie bist du auf diesen Stil gekommen? Was sind die japanischen und was die skandinavischen Elemente?
Ich habe längere Zeit im Agata’s gearbeitet, die damals eine koreanisch-japanische Küche propagierten. Das hat mich sehr beeinflusst. Bei mir verbinden sich japanische Aromen mit skandinavischen Kochtechniken. Ich arbeite viel mit Fermentation, mit Wildkräutern und Molkeprodukten. Meine Teller sind meistens reduziert auf fünf bis sechs Komponenten. Beide Küchen, beide Welten beschäftigen sich mit der Reduktion und mit dem Produkt an sich. Das finde ich sehr spannend.
Welcher skandinavische Koch hat dich beeinflusst?
Eine wichtige Inspiration war der Schwede Magnus Nilsson mit dem Restaurant Fäviken, das aber leider inzwischen geschlossen ist. Ich habe ihn in „Chef’s Table“ auf Netflix gesehen – er war sehr authentisch. Genau das möchte ich transportieren: Ich bin meine Küche. Das auf dem Teller bin ich. Bei Nilsson habe ich mich komplett wiedergefunden.

Außerdem trägt deine Küche den Titel Naturküche. Was dürfen deine Gäste sich darunter vorstellen?
Alle Produkte, die ich verwende, kommen entweder aus meiner eigenen Erntegemeinschaft in Düsseldorf, einer solidarischen Landwirtschaft, oder ich fahre zu kleinen Demeter-Höfen in Velbert und kaufe dort die Produkte ein. Nachhaltigkeit ist mir sehr wichtig. Nicht nur im Umgang mit den Produkten, sondern auch in Bezug auf ihre Herkunft. Dementsprechend arbeite ich nicht mit großen Lieferanten zusammen. Fisch bekomme ich von einer kleinen Anglerfamilie aus Holland. Wenn ich Fleisch benutze, dann kommt es von Höfen, die selbst vor Ort schlachten.
Bislang hast du mit der von dir gegründeten Food Foundation Dining Events veranstaltet und zwar an sehr ungewöhnlichen Locations. Nun eröffnest du mit Shizen ein eigenes Restaurant. Was hat dich zu diesem Schritt bewogen?
Ich bin ja eine One-Man-Show. Es macht einen Heidenspaß, an außergewöhnlichen Plätzen zu kochen. Aber es ist halt auch ein großer logistischer Kraftakt. Zudem ist eine Weiterentwicklung der Küche unter diesen Umständen schwer. Ich hatte das Gefühl, dass ich an einem Punkt angelangt war, an dem ich ein Zuhause für meine Kulinarik brauche.

Was bedeutet der Name und was wird das Besondere an deinem Restaurant Shizen sein?
Shizen ist japanisch und heißt Natur. Im Shizen koche ich vor den Augen der Gäste. Ich habe 14 Thekenplätze, für die ich im Vorfeld die sogenannten Thekentickets verkaufe. Man kann sich allein, zu zweit oder als kleine Gruppe anmelden. Am Abend selbst kommen alle Gäste gleichzeitig. Es gibt nur ein Menü. Man ist quasi in einer geschlossenen Gesellschaft, in einer sehr privaten, intimen Atmosphäre. Die Gäste kennen sich nicht, werden sich jedoch an diesem Abend, wenn sie möchten, kennenlernen. Ich erlebe das immer wieder: Am Anfang sind sie sehr ruhig, eher schüchtern. Nach dem ersten Glas Wein wird die Stimmung meist gelöster. Das ist auch für mich sehr schön. Meine Philosophie beschreibe ich gerne mit einem Satz: „Als Fremde gekommen, als Freunde gegangen.“ Wenn ich das erreiche, bin ich glücklich.
Du stellst dich selbst auf deiner Website als Düsseldorfer „Jong“ vor. Welche Bedeutung hat die Stadt für deine Arbeit?
Düsseldorf ist meine Heimatstadt. Ich war früher als Promoter in Bars und Clubs in der Düsseldorfer Szene unterwegs. Dann habe ich neun Jahre in San Francisco gelebt und gearbeitet. Ich habe dort Business Psychology studiert, also Arbeits- und Betriebspsychologie, um in Richtung Unternehmensberatung zu gehen. Als ich nach neun Jahren nach Düsseldorf zurückkam, stellte ich fest: Das bin ich nicht. Ich fühlte mich in der Welt der Unternehmensberatung, so wie sie in Deutschland zu dem Zeitpunkt war, nicht wohl. Deshalb habe ich 2014, mit 33 Jahren, noch mal eine Ausbildung zum Koch angefangen. Ich habe im Patrick’s Seafood, im Phoenix und im Agata’s gearbeitet. Die ersten beiden Lokale gibt es leider nicht mehr. Parallel habe ich die Foundation aufgebaut und Kochevents veranstaltet, damals waren sie aber sporadischer, schon aus Zeitgründen.
Ist Düsseldorf kulinarisch ein wichtiger Standort?
Es ist spannend, was alles passiert. Ich glaube, dass Düsseldorf in den nächsten Jahren ein wichtiger Standort für die kulinarische Gastronomie in Deutschland sein wird. Dass das Rolling Pin Magazin seine Convention im September hier abgehalten hat, ist ein bedeutsamer Move und ein Zeichen. Es bewegt sich viel in Düsseldorf, und das ist sehr erfreulich. Mir macht es einen Riesenspaß, Teil davon zu sein. Wir alle können davon profitieren.

Wenn du Freund*innen zu Gast hast, wohin führst du sie aus?
Ich nehme sie sehr gerne mit ins Bistro Fatal. Alexandre Bourgueil ist ein toller französischer Koch, der sein Handwerk wirklich versteht. Er hat oldschool gelernt, bringt aber einen modernen Twist hinein. Dann liebe ich das Restaurant Alchemist an der Pionierstraße. Die Inhaberin Yvonne Raskob hat für mich Gastgeber*innenqualitäten wie kaum jemand anderes und die Küche ist fantastisch. Man fühlt sich auf Anhieb geborgen. Wenn es unkomplizierter sein soll, ist Kenny’s Kitchen an der Birkenstraße meine erste Wahl. Dort macht ein Ehepaar japanisches Streetfood in einer sensationellen Qualität. Und nicht zu vergessen: das Finanzämtche (Pozangmatcha). Koreanische Küche trifft deutsche Kneipe. Am liebsten um zwei Uhr nachts. Eine der spannendsten Locations, die man in Düsseldorf besuchen kann.
Du hast bei Sterneköchen gearbeitet. Welche Fine-Dining-Restaurants empfiehlst du?
Ganz, ganz klar das Jae an der Keplerstraße. Dort kocht Jörg Wissmann, unter dem ich im Agata’s mit Philipp Lange zusammen gearbeitet habe. Jörg hat mich sehr beeinflusst, auch weil er so eine Zen-haft ruhige Ausstrahlung hat. Ein bisschen wilder und lauter ist Lukas Jakobi im Zwanzig23. Da geht es heiß her. Dann bewundere ich Daniel Dal-Ben im 1876 und Agata Reul im Agata’s. Mit Marcel Förster kocht dort ein toller, neuer Küchenchef. Der verdient in meinen Augen wieder einen Stern.



Und wohin gehst du, wenn du entspannen möchtest?
Ich bin ein großer Weinliebhaber und ein Anhänger von Naturwein. Dementsprechend gehe ich gerne in die Wyno Weinbar an der Ackerstraße. Olaf Kölker und ich sind gut befreundet. Wir machen viele Events zusammen. Toll ist auch die Eiskellerbar von Dorina Sill, dort lasse ich mich sehr gern verwöhnen. Bei Toni Askitis im Pommes & Wein am Graf-Adolf-Platz bin ich noch nicht so häufig gewesen, aber ich finde den Laden irrsinnig cool.
Text: Ilona Marx
Fotos: Markus Luigs & Sofian Food Foundation