Mayo Velvo steht mit einer schwarzen Weihnachtmütze vor der Bar der Bar Lola.

„Je suis musique!“ – Mayo Velvo erzählt von seiner Liebe zu Chansons

Interview

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„Ich spreche nicht alle Sprachen fließend, aber ich weiß, wie sie ausgesprochen werden, wie sie sich anhören und anfühlen.“

Chansons sind seine Leidenschaft: Mayo Velvo ist Dandy und Entertainer und wahrscheinlich Düsseldorfs einziger Chansonnier. Seine Fans lieben seine alljährlich stattfindende ESC-Veranstaltung, seine traditionellen Weihnachtskonzerte und die regelmäßigen Auftritte in der Bar Lola. Wie er zur Musik kam, wie es ihm gelingt, Chansons in mindestens zehn Sprachen zu interpretieren und warum er wohl Düsseldorfs dienstältester Schallplattenverkäufer ist, erzählte uns Mayo in einem Gespräch.

Mayo, du singst Chansons und das in den verschiedensten Sprachen. Wie bist du zur Musik gekommen?
Schon als Kind habe ich viel Musik gehört. Andere Kinder singen mit einer Haarbürste in der Hand Songs von Popstars nach, ich habe gleich ganze „Mini Musicals“ kreiert, die aber nichts mit einer Kopie der Originalinterpret*innen zu tun hatten. Anfangs war das wahrscheinlich noch nicht besonders gut, später habe ich aber immer mehr Ideen entwickelt, wie man das auf die Bühne bringen könnte. Im Alter von 18 Jahren habe ich schließlich einige Mitstreiter gefunden, mit denen ich Aufführungen organisiert habe. Daraus ist irgendwann der Entertainer Mayo Velvo hervorgegangen.

Du stammst eigentlich aus Baden-Württemberg. Wann bist du nach Düsseldorf gekommen?
Ich bin vor ziemlich genau 60 Jahren im Alter von fünf Jahren aus Stuttgart hierhergekommen. Meine Mutter folgte ihrem zweiten Mann, der Düsseldorfer war.

Mayo Velvos Hände.

Du hast französische Wurzeln, dein leiblicher Vater war Franzose. Bist du darum Chansonnier?
Chansons waren am einfachsten umzusetzen, ich brauchte nur einen Pianisten. Außerdem war für mich seinerzeit Georgette Dee ein großes Vorbild, die neben dem Singen von Chansons Geschichten erzählt hat – das fand ich toll.

Früher hast du zudem Schlager aus den 1920ern gesungen …
Das stimmt, besonders zu Beginn meiner Bühnenlaufbahn, aber nie ausschließlich. Ich möchte nicht ständig nostalgisch sein, sondern es nur ab und zu als eine Art Stilmittel benutzen. Als Jugendlicher fand ich die Rolle des Conférenciers in „Cabaret“ beeindruckend und bin manchmal so ausgegangen, beispielsweise in den legendären Ratinger Hof: Alle trugen Lederjacken, nur ich war im Frack. (Lacht.)

Schreibst du auch eigene Chansons?
Ich schreibe Texte zu bestehenden Liedern oder habe französische Chansons ins Deutsche übersetzt und sie dann auch gleich ein bisschen anders interpretiert.

Du machst jedes Jahr deine eigene „ESC Gala“ in der Jazzschmiede. Wie kam es dazu?
Im Jahr 1971 habe ich zum ersten Mal einen „Grand Prix Eurovision de la Chanson“ im Fernsehen gesehen. Ich fand es damals sehr interessant, dass dort Lieder auf Finnisch oder Schwedisch gesungen wurden – Sprachen, die ich noch nie zuvor in einem musikalischen Kontext gehört hatte – und ich liebte die Songs. Von da an habe ich den „Grand Prix“ jedes Jahr geguckt und wurde ein großer Fan. Im Jahr 2011 kam der „Eurovision Song Contest“, wie er seit 2004 heißt, nach Düsseldorf und ich dachte: Jetzt mache ich ein Programm dazu! Die erste Veranstaltung kam so gut an, dass ich weiter gemacht habe, allerdings jedes Mal ein bisschen anders, zum Beispiel mit den High- und Lowlights des Gewinner*innenlandes des Vorjahres, Geschichten rund um den Wettbewerb und seine Historie, zur Entstehung der Lieder, sowie über die Interpret*innen.

Dabei kommt deine große Sprachbegabung zum Tragen: Du singst Lieder aus verschiedenen Ländern – und zwar so gut, dass man dein Eindruck hat, du sprichst all diese Sprachen fließend. Wie machst du das?
Die romanischen Sprachen habe ich in meinem Repertoire, ich kann ebenso Niederländisch und als Kind war ich oft in Dänemark. Ich spreche nicht alle Sprachen fließend, aber ich weiß, wie sie ausgesprochen werden, wie sie sich anhören und anfühlen. Hinzukommt, dass ich viele der Lieder schon seit vielen, vielen Jahren kenne. Natürlich gibt es Sprachen, die mir eher fremd sind, im nächsten Jahr möchte ich beispielsweise das erste Mal ein türkisches Lied singen. Denn vor genau 50 Jahren war die Türkei das erste Mal beim Grand Prix. Das Lied ist ein Klassiker, den zumindest noch viele Türk:*innen kennen und lieben. Ich versuche es lautmalerisch, habe mir die Noten besorgt und einen türkischen Bekannten um Hilfe gebeten. Mir ist wichtig zu wissen, was ich singe.

Ein weiteres alljährliches Highlight ist deine Weihnachtsrevue „Have yourself a Velvo little Christmas“, die ab dem 5. Dezember in der Jazzschmiede und im Bürgerhaus Reisholz zu sehen ist.
Die mache ich seit 2004, wir feiern in diesem Jahr 20. Jubiläum. Von Bing Crosby über „Stille Nacht, heilige Nacht“ und „Petit Papa Noël“ singe ich Weihnachtslieder, berührende aber auch schräge Songs und erzähle zwei nicht ganz so klassische Weihnachtsgeschichten.

Wir haben uns in der schönen Bar Lola getroffen, an deren Eingang in einem Glaskasten ein Plakat von dir mit den Terminen zu verschiedenen Auftritten hängt. Bist du hier so etwas wie der „Resident Chansonnier“?
Die Bar Lola hat in ihrem ausgefallen dekorierten Ambiente auch eine kleine Bühne und das Team ist Fan von Chansons. Daher hat man mich angesprochen, ob ich mir vorstellen könnte, in der Bar Lola aufzutreten. Seitdem spiele ich mit Freude jeden ersten Samstag im Monat.

Bar Lola Kartenausschnitt

Wir haben bisher vor allem über den Entertainer Mayo Velvo gesprochen. Früher warst du aber auch viel als DJ unterwegs und arbeitest im Plattenladen A&O Medien, der übrigens gerade seinen 20. Geburtstag gefeiert hat. Musik ist offenbar sehr wichtig in deinem Leben.
Ich bin Musik: Je suis musique! Als ich klein war, hatte mein Vize-Vater eine sehr gute Plattensammlung mit beispielsweise klassischen Musicals wie „My Fair Lady“, „Oklahoma“, „The Sound of Music“, all diese Broadwaystücke, maßgeblich aus den 1940er und 1950er Jahren. Die fand ich als Kind bezaubernd und ich habe gerne zu der auf die Musik getanzt. Anfang der 1970er fing ich an, eigene Platten zu kaufen. Wenn ich mit einer neuen Platte unter meiner Jacke nach Hause kam, sagte meine Mutter: „Ach, nicht schon wieder eine – hör doch erstmal die Platten, die du schon hast!“ (Lacht.)

Mayo hält sein Handy in der Hand, auf dem Display sieht man seine Playlist "Velvomania".

Welche Pläne hast du? Bleibst du den Chansons treu oder gibt es weitere Projekte?
Ich mache immer wieder neue Projekte. Derzeit experimentiere ich mit meinem kreativen Sparringspartner Just Mike – auch in Sachen Demo-Aufnahmen und Internetpräsenz. Die Texte schreiben wir selbst und füttern anschließend eine KI mit unseren Musikideen, singen sie teilweise ein, um eine Richtung vorzugeben. Die KI generiert daraus dann Songs. Das ist sehr spannend. Die Ergebnisse kann man sich unter „Velvomania“ bei Spotify anhören. Insgesamt gehe ich gerade neue Wege, da mein geschätzter Pianist Thomas Möller, mit dem ich seit über 25 Jahre zusammenarbeite, sich weitestgehend von Live-Auftritten zurückgezogen hat. Deshalb bin ich auf der Suche nach neuen musikalischen Begleiter*innen oder sogar einer kleinen Band.

Zum Abschluss noch die Frage: Wo trifft man Mayo Velvo privat in Düsseldorf?
Ich gehe gerne in die Blende an der Bilker Allee, ein Laden, den ich schon seit den 1970er Jahren kenne. Natürlich in die Bar Lola und im Sommer bin ich gerne gesellig draußen am „EVK-Büdchen“. In der Altstadt gehe ich gerne in die Destille, wo man auch lecker essen kann. Das gilt auch für das portugiesische Restaurant Frango Português an der Kiefernstraße, eins meiner Lieblingsrestaurants. Ich mag auch den Platz bei der St. Lambertus Kirche, dort findet man mitten im Getöse der Altstadt ein bisschen Ruhe.

velvo.de

Text: Katja Vaders
Foto: Kristina Fendesack

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