Vom Liverpool Club bis zum Salon des Amateurs
In Düsseldorf gab es spätestens seit den 1960er Jahren immer wieder angesagte Clubs, in denen einflussreiche Bands auftraten oder wo bekannte DJs auflegten. Wir haben die wichtigsten sechs Clubs aufgelistet, die jeweils für eine bestimmte Epoche stehen. Immer wurden diese legendären Treffpunkte der Popkultur auch von ihren Betreiber*innen geprägt, wie der Ratinger Hof von Carmen Knoebel oder der Unique Club von Henry Storch. Sven-André Dreyer und Michael Wenzel, die Guides unserer „The Sound of Düsseldorf“-Stadtführung, geben einen Überblick.
Unique Club
Der Unique Club in der Bolker Straße 30 ist ab 1995 eine Institution in Sachen Musik: Im plüschigen Ambiente eines ehemaligen Animierlokals sorgt Betreiber Henry Storch für ein buntes Programm ohne Stilgrenzen: Nationale und internationale DJs aus Hip-Hop, Elektronik, Funk und Soul locken die Nachtschwärmer an. Live geben sich Detroit-Legende J Dilla und R&B-Veteran Bobby Hebb die Ehre. Auch The Roots, heute Studioband von Jimmy Fallons Late Night Show, tritt hier auf. 2005 schließt der Club. Die Musik lebt auf dem von Storch gegründeten Label Unique Records weiter.
Liverpool Club
In den 1960-er Jahren ist der Liverpool Club an der Graf-Adolf-Straße eine Pilgerstätte für Freunde der Beatmusik. Lokale Bands erleben auf der Bühne ihre Feuertaufe vor englischen Soldaten und Jugendlichen aus der Region. Inspiration bieten Musikgruppen aus dem Ausland, die hier Halt machen und Akkordarbeit leisten – an fünf Tagen die Woche von acht Uhr bis in die frühen Morgenstunden und bei Matineen am Wochenende. Einer von ihnen ist ein junger Sänger aus Südafrika. Sein Name: Howard Carpendale. Der Rest ist (Schlager-)Geschichte.
Ratinger Hof
Was noch bis Ende 1975 eine eher unscheinbare Kneipe an der Ratinger Straße in der Düsseldorfer Altstadt war, entwickelte sich mit der Übernahme durch Carmen Knoebel und Ingrid Kohlhöfer in den bedeutendsten Szenetreffpunkt für Undergroundkultur in Deutschland. Die Möglichkeit, dort die aktuellste Musik – nicht selten Punk aus Großbritannien und den USA – zu hören, insbesondere aber die außergewöhnliche Gestaltung des Ortes ließ den Hof zu dem Ort werden, an dem der deutsche Punk erfunden wurde. Künstler Imi Knoebel unterzog die Kneipe einer radikalen formalen Veränderung, die im Jahr 1976 einzigartig war: während die Wände weiß gestrichen waren, sorgte Neonbeleuchtung für taghelles Licht. Künstler, die an der benachbarten Kunstakademie studierten oder unterrichteten, etwa Blinky Palermo, Katharina Sieverding, Sigmar Polke und Thomas Ruff, aber auch A. R. Penck, Markus Oehlen, Jörg Immendorff und Joseph Beuys, waren Gäste, Bands wie Wire, 999 und Pere Ubu traten dort zum Teil erstmals in Deutschland auf. Im Umfeld des Hofs wurden Bands wie DAF, Male, Fehlfarben und Östro 430 gegründet.
Creamcheese
Ein spektakuläres Lokal – so nennt die Frankfurter Rundschau im Jahr 1968 das knapp ein Jahr zuvor eröffnete Creamcheese an der Neubrückstraße 12. Gegründet von Bim und Hans-Joachim Reinert, ist das Lokal von Anfang an jedoch mehr als ein Nachtklub allein: konzeptionell gestaltet, unter anderem von Mitgliedern der Künstlergruppe Zero, darunter etwa den Bildhauern und Malern Günther Uecker und Heinz Mack, aber auch Lutz Mommartz sowie Ferdinand Kriwet, folgt das Konzept des neuen Musikortes auch dem Vorbild von Andy Warhols Klub „The Dom“. Die Kunstelemente Licht, Raum und Zeit, Vibration und Dynamik sollen sich in der kunstvollen Gestaltung wiederfinden, um das Publikum selbst kunstvoll zu inszenieren und so in das Gesamtkunstwerk zu integrieren. Während Frank Zappa mit seinem Song „Son of Suzy Creamcheese“ den Namen für den Insidertreff lieferte, forderten die Künstler mit ihrem Creamcheese-Manifest Autonomie und Selbstbestimmtheit. Bands wie Tangerine Dream, Can und Kraftwerk traten dort bereits Ende der 1960er- und zu Beginn der 1970er-Jahre auf.
Klingklang – Elektro Müller
Dieser Ort atmet Geschichte wie kaum ein zweiter, sind doch hier, in einem eher unscheinbaren Haus an der Mintropstraße und damit in unmittelbarer Bahnhofsnähe, Platten entstanden, die nicht nur die elektronische Musik, sondern die gesamte Popkultur für immer verändern sollten: Autobahn, Radio-Aktivität, Trans-Europa-Express, Die Mensch-Maschine, Computerwelt und Electric Café – von 1974 bis 1986 tüftelten die Klangkonstrukteure von Kraftwerk in ihrem rund 50 Quadratmeter großen Klingklang-Studio an den Sounds von Übermorgen. Neue Klänge in alten Räumen: Nachdem die Band 2007 die heiligen Hallen verlassen hatte, nutzte sie Open-Source-Kurator Philipp Maiburg für seine Veranstaltungsreihe Elektro Müller und lud Kunstschaffende zum musikalischen Experiment ein. Mit Moritz Staub bezog 2014 erneut ein Sounddesigner den kreativen Nukleus der Stadt.
Salon des Amateurs
2017 wählte das Reiseportal hostelworld.com den Salon Des Amateurs unter die 20 besten Clubs der Welt. Eingebettet in den Kunstverein am Grabbeplatz ist er die Schnittstelle zwischen bildender Kunst und Musik, Café und Clubkultur. Zeitlos und besonders ist sein Sound zwischen altem Filmsoundtrack und elektronischer Avantgarde. 2005 hoben Aron Mehzion und Volker „Hauschka“ Bertelmann hier das Approximation Festival aus der Wiege, das jährlich die Stars der internationalen zeitgenössischen Musikszene präsentiert. Kein Zweifel: Hier wird jeder Besuch zur musikalischen Entdeckungsreise!
Foto: © Richard Gleim / Heinrich-Heine Institut der Stadt Düsseldorf