„Ich weine Stahl und Beton keine Träne nach.“
Mit dem ersten Band „Düsseldorfer Perlen“ von 2017 ist Markus Luigs eine kleine Sensation gelungen: Er war binnen drei Monaten ausverkauft. Luigs hat mit seiner Fotografie eine ungewohnte Perspektive von Düsseldorf gezeigt, eine die urban, rau und ungefiltert ist. Ein bisschen wie in dem Song „Wann strahlst du?“ von Carsten Meyer und Jaques Palminger, in dem es heißt: „Ich liebe die, die staunen können − über die Blume auf dem Schrott.“ Dabei entdeckte Markus Luigs eher zufällig bei einem Geschäftstermin am Höherweg die ersten Orte, die er fotografierte. Mittlerweile ist er so oft wie möglich unterwegs und erkundet die unbekannten Gegenden Düsseldorfs. Walks, so nennt er seine Streifzüge. Die Ergebnisse hat er im zweiten Band „Düsseldorfer Perlen“ veröffentlicht. Wieso, weshalb, warum? Das lest ihr im 3-Fragen- Interview.
Du musst viel unterwegs sein, vor allem an Orten, die man für gewöhnlich nicht aufsucht. Wie kann man sich das vorstellen? Bist du gezielt unterwegs oder überlässt du das eher dem Zufall?
Der Höherweg war die erste Straße, die ich für mich entdeckt und deren Gegend ich mir zu eigen gemacht habe. Das war ein Zufall, weil ich dort einen Termin hatte. Für mich war der Höherweg eine Straße, die als etwas dubios galt und somit spannend. Ich habe in der Ecke abstruse Orte gesehen, jenseits von allen Düsseldorfer Klischees. Davon inspiriert, bin ich eine Zeit lang täglich zwei bis drei Stunden mit Fahrrad und zu Fuß losgezogen. Ich wollte − und möchte das nach wie vor – Orte selbst entdecken und mir erschließen. Das führt dazu, dass ich manchmal wirklich denke, ich sei der erste Mensch, der dort fotografiert. Darum will ich auch keine Tipps bekommen. Das funktioniert für mich nicht, weil es dann nicht mehr meine Entdeckung wäre.
Wie bist du auf den Buchtitel „Düsseldorfer Perlen“ gekommen?
Zuerst wollte ich den Fotoband „Düsseldorfer Notizen“ oder „Field Notes aus Düsseldorf“ nennen. Ich wollte einen Titel, der mehr überspitzt. „Düsseldorfer Perlen“ ist ein bisschen an das Lied „Düsseldorf, du schöne Perle am Rhein“ angelehnt, ideell aber auch an Klein-Paris. Der Name des Buches ist eine kleine Provokation, weil die Fotos gegenteiliges auszusagen scheinen. Es gibt Leute, die darauf böse reagieren. Die sich angegriffen fühlen. Dabei sind das ja meine Perlen. Ich habe nicht den Anspruch, dass es Hinz und Kunz gefallen muss.
Du bist ein Chronist, der die Wechsel im Stadtbild aufzeigt und einige Gebäude, Buden und Orte aus dem ersten Band gibt es nicht mehr. Im Vorwort der zweiten „Düsseldorfer Perlen“ steht, dass du den Veränderungen in der Stadt nüchtern begegnest. Das klingt sehr distanziert. Stimmt das?
Bin ich ein Chronist? Das weiß ich gar nicht. Vieles im Buch ist nicht verortbar, aber ich möchte trotzdem Orte und deren Veränderungen dokumentieren. Ich denke, es gibt eine Zeit, in der beispielsweise Bauten wie der Tausendfüßler eine Relevanz haben. Aber wenn eine Lücke entsteht, finde ich die spannend, weil etwas Neues kommt. Andererseits war es für mich ein riesiger Einschnitt, als das Caffé Enuma von Mario (Santoro Comune) endgültig geschlossen hat. Dort war ich jeden Tag. Mario kann man nicht ersetzen. Gebäude schon.
Markus Luigs ist Designer und Fotograf. Er fotografiert seit vielen Jahren auch für Visit Düsseldorf und ist zum Beispiel oft bei unseren Interviews, beispielsweise mit dem Tattoo Artist Till Pulpanek, vor Ort. Neben „Düsseldorfer Perlen“ hat er außerdem den Bildband „Werkschau“ mit Fotos aus den Vallourec-Werken in Düsseldorf und Mülheim an der Ruhr herausgebracht und gemeinsam mit der Journalistin Alexandra Wehrmann „Oberbilk. Hinterm Bahnhof“ – das auch mittlerweile vergriffen ist.
Interview: Cynthia Blasberg
Fotos: Markus Luigs
Portrait von Markus Luigs: Andreas Endermann