Urban Art auf großer Leinwand.

Urban Art Düsseldorf – Klaus Rosskothen von Pretty Portal im Interview

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„Ich bin von meinem Vater mit neun Jahren zum Pokalendspiel 1978 nach Schalke mitgenommen worden, das Fortuna Düsseldorf gegen den FC Köln leider verloren hat. Das war die Initialzündung, Fortuna-Fan zu werden.“

Mit Urban Art hat sich Klaus Rosskothen weit über die Grenzen Düsseldorfs hinaus einen Namen gemacht. Im Rahmen der UEFA EURO bewies er, dass nicht nur in fußballerischer Hinsicht das Turnier ein Highlight für Düsseldorf war. Denn auch künstlerisch hat das Megaevent seine Spuren hinterlassen. Fünf große Wandgemälde zieren einst öde Häuserwände von der Rather Straße bis hin zum Oberbilker Markt – alles kuratiert von Klaus Rosskothen. Außerdem zeichnete er für das künstlerische Programm des Projekts „That’s Büdchen“ auf dem Corneliusplatz verantwortlich, wo an den fünfen Spieltagen in der Host City Düsseldorf zwischen viel Musik, Party und Altbier jeweils ein Kunst-Event live stattfand. Wir haben den Galeristen für euch zum Interview getroffen.

Zur UEFA EURO sind in Düsseldorf fünf große Murals entstanden. Wie ist es dazu gekommen?
Die Idee für das Projekt haben wir im vergangenen Jahr entwickelt. Initiiert worden ist es von Boris Bartels und seiner Agentur Dreimarketing. Die Idee hinter „Kultur meets EURO 24“ war, Düsseldorf als kreative und authentische Stadt mit einer florierenden Kulturszene zu zeigen. Also eine Stadt, die sich wohltuend von der durchgefranchisten und gleichförmigen UEFA-Stadt absetzt. So sind fünf großformatige Wandbilder entstanden, von Künstler*innen aus Nationen, die auch während EURO hier gespielt haben.

Wo sind diese Bilder?
Über die ganze Stadt verteilt. Die Murals von Alexis „Bust“ Stephens und EPOD kann man sich in Pempelfort an der Inselstraße 1 und an der Kaiserstraße 27 in direkter Nähe zum Hofgarten anschauen. Eine wirklich riesige Wand hat der Spanier SAM3 an der Rather Straße 25 am Eingang zum Kulturschlachthof bemalt. Das Künstlerpaar Jana&JS haben am Oberbilker Markt die Wand eines Kaufhauses gestaltet. Das ist sicherlich einigen ins Auge gefallen ist. Düsseldorfer*innen werden aber am besten vom großen Klaus Allofs-Mural an der Cranachstraße 52 abgeholt. Das Bild zeigt die Düsseldorfer Fussballlegende in Jubelpose während der EM 1980 beim Spiel gegen Holland. Damals hat Allofs drei Tore geschossen. Diese Bild wurde vom Düsseldorfer Künstler Damian Bautsch gemalt.

Zur UEFA EURO gab es am Corneliusplatz direkt neben dem Kaufhof weitere Aktionen. Was ist dort passiert?
Auf dem Corneliusplatz sind parallel zu den Büdchentag-Events, die da an jedem Spieltag stattgefunden haben, jeweils große Leinwände live gemalt worden. Während auf der großen Bühne Bands und DJs aufgetreten sind, haben Künstler*innen 3,5 mal 2,5 Meter große Panels gestaltet. Das war wirklich sehr schön, weil die Passant*innen und Fans die Entstehung der Bilder direkt mitverfolgen konnten und es immer wieder zum Austausch mit den Künstler*innen kam. So hat sich zum Beispiel ein Albanien-Fan noch schnell vor dem Spiel von einem der Künstler das Staatswappen auf die Wange malen lassen.

Kann man diese Wandbilder noch sehen?
Die Panels waren bis Ende Juli auf dem Corneliusplatz ausgestellt. Diese sehr offene Fläche war ein wunderbarer Ort, um Kunst zu präsentieren. Gleichzeitig hatte es auch einen touristischen Mehrwert für die Stadt, weil eine Open Gallery einfach immer Publikum anzieht.

Ausschnitt eines Urban Art Kunstwerks, vor dem Werk ist ein Tisch mit Sprühdosen.

Hast du vor der EURO bereits Urban Art-Ausstellungen im öffentlichen Raum organisiert?
Auf jeden Fall! Angefangen hat es 2013 als ich das Urban Art-Festival 40 Grad mitinitiiert und mit gegründet habe. Dafür sind große Wandbilder entstanden, die man in Düsseldorf nach wie vor sehen kann. Es waren namenhafte Künstler*innen dabei wie Pixelpancho aus Italien, BTOY aus Spanien oder Case von der Maclaim Crew − gepaart mit lokalen Künstlern. Ein weiteres großes Projekt war die „Pretty Wall Bilk“ am Bahnhof Bilk. Dort ist ein großes Open-Air-Museum entstanden, bei dem viele Kunstwerke nebeneinander zu sehen sind.

Wer mehr über Urban Art in Düsseldorf erfahren will, kann auch an deiner Führung teilnehmen.
Ja, das ist richtig. Ich mache jeden Samstag hier in Düsseldorf Führungen, den Urban Art Walk, im öffentlichen Raum, bei der ich Urban Art zeige. Ich vermittle das mit meinem Wissen, meiner Erfahrung und meinen Insights aus der Düsseldorfer Urban-Art-Szene. Man kann als Gruppe auch einen Urban-Art-Ride buchen. Dann geht es mit dem Fahrrad durch die Stadt. So kommt man rum und kann selbst die großen Wandbilder erkunden, die gar nicht direkt im Stadtzentrum zu finden sind.

Wie bist du denn zu Urban Art gekommen?
Ich habe bereits als Jugendlicher erste Berührungen mit Graffiti gehabt. Das war Mitte der 1980er Jahre, daher bin ich einer der Graffiti-Pioniere in Düsseldorf. Diese Kunstform hat mich nie wieder losgelassen, auch wenn ich mein aktives Schaffen nach fünf, sechs Jahren wieder eingestellt habe. Aber der kreative Ausdruck hat mich weiterhin beeinflusst. Vor bald 18 Jahren habe ich schließlich die Galerie Pretty Portal eröffnet. Das war zu einer Zeit als Künstler wie Banksy oder Shepard Ferry die öffentliche Wahrnehmung von Urban Art sehr verändert haben.

Jetzt eine Frage zu Fußball. Wie ist dein Verhältnis dazu?
Ich bin von meinem Vater mit neun Jahren zum Pokalendspiel 1978 nach Schalke mitgenommen worden, das Fortuna Düsseldorf gegen den 1. FC Köln leider verloren hat. Das war die Initialzündung, Fortuna-Fan zu werden. Seitdem gehe ich zur Fortuna. Bis zur B-Jugend habe ich selbst bei DSC 99 gespielt.

Du bist gebürtiger Düsseldorfer. Wie hat sich die Stadt aus deiner Sicht verändert?
Im Urban-Art-Kontext hat sich die Stadt in den vergangenen 15 Jahren für diese Kunstrichtung geöffnet. Das erste 40-Grad-Festival haben wir 2013 noch mit marginalsten Möglichkeiten und Fördergeldern auf die Beine gestellt. Heute ist die finanzielle Unterstützung viel besser. Ein Freund hat mir kürzlich gesagt, dass wir als Jugendliche, die Graffiti gemacht haben, gejagt wurden. Heute bekommen wir Geld dafür, um Sachen zu machen, die aus der Graffiti-Kultur entstanden sind.

Was sind deine Lieblingsorte in Düsseldorf?
Ich mag die Grünanlagen in Düsseldorf, den Volksgarten, den Nordpark, den Paradiesstrand. Es ist schön über die Rheinpromenade mit dem Rad am Rhein entlang in Richtung Kaiserswerth zu fahren. Als alter Düsseldorfer kenne ich die Stadt, wie die vor dem Tunnelbau war. Mit den Autos war die Rheinpromenade überhaupt nicht schön. Das kann man sich gar nicht mehr vorstellen, wie das früher war. Außerdem gibt es in Düsseldorf tolle Museen und Ausstellungen.

Hast du noch ein Paar Kunsttipps?
Wir haben in Düsseldorf tolle Museen und tolle Ausstellungen. Der neu gestaltete Kunstpalast ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Da sollte jede*r mal hin, weil es eine wirklich super kuratierte und präsentierte Ausstellung ist. Und was ich klasse finde, ist ein Fahrradausflug in Richtung Neuss zur Skulpturenhalle, Langen Foundation und Museumsinsel Hombroich. Das ist ein sehr lohnender Wochenendausflug, bei dem man unheimlich viel Natur, Kunst und Kultur erlebt.

prettyportal.de

Text: Clemens Henle
Fotos: Pretty Portal/Dreimarketing & weitere Fotos mit freundlicher Genehmigung von Klaus Rosskothen

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