Chance Festival im Hofgarten – French Pop mit Haltung

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Die deutsch-französische Freundschaft ist eine Errungenschaft, die zelebriert gehört. Gemeinsam.

French Pop, Hip-Hop & Chanson: Frankofone Popmusik, das ist kein Genre. Doch in ihrer Vielfalt besitzt sie oft eine Eigenständigkeit, die ansteckt – das berühmte Je-ne-sais-quoi, angefacht durch federleichte Gitarren, extrem tanzbare Elektronik, die Kraft des Nouvelle Chanson, die Lyrik des Rap. Oder alles zusammen. Das Chance Festival, das am 7. September auf der Hofgartenbühne und vor dem Theatermuseum in die vierte Runde geht, feiert Pop à la française bei freiem Eintritt – und setzt ein Zeichen für Nachhaltigkeit, Diversität und die europäische Idee.

Ein Banner, auf dem steht: Chance Festival ist auf einer grünen Wiese im Hintergrund sieht man das Theatermuseum und Menschen.

Von Air über Daft Punk bis Phoenix, von MC Solaar bis Stromae und Aya Nakamura oder der verflixt charmanten Zaho de Sagazan, Shootingstar der Stunde – French Pop hat auf lässige Weise Staatsgrenzen und Sprachbarrieren überwunden und nicht umsonst seinen eigenen Wikipedia-Eintrag. Auch Corinna Oetken, die zu den Initiator*innen des Chance Festivals gehört, ist überzeugte Anhängerin der französischen Popkultur. Und darüber hinaus vertritt sie eine klare Meinung: Die deutsch-französische Freundschaft ist eine Errungenschaft, die zelebriert gehört. Gemeinsam.

„Der Élysée-Vertrag, der 1963 zwischen de Gaulle und Adenauer geschlossen wurde, besiegelte die deutsch-französische Freundschaft und war wegweisend für das grenzenlose Europa, das wir heute kennen. Diese Freundschaft muss ganz besonders gepflegt werden. Wir wünschen uns, dass Deutschland und Frankreich weiterhin auf allen Ebenen eng miteinander kommunizieren – eben auch auf der kulturellen und musikalischen Ebene“, sagt die Mitgründerin der gemeinnützigen Organisation Serge & Nina, die das Chance Festival veranstaltet. Letztendlich sei das Festival ein persönliches Ding. „Ich habe französische Literatur studiert, habe in Frankreich gelebt, liebe Musik und besonders frankofone Popmusik. Musik transportiert viele Emotionen und ist ein tolles Vehikel für die französische Kultur – auch dann, wenn man die französische Sprache vielleicht nur rudimentär oder gar nicht versteht.“

Das illuminierte Theatermuseum bei Nacht.
Europa? Nicht ohne French Pop!

8.000 Besucher*innen zählte das Chance Festival im vergangenen Jahr. Sie kamen nicht nur, um vor der Hofgartenbühne Musik zu hören, zu tanzen und in Düsseldorfs ältestem Park im Schatten der Bäume französische Snacks und Drinks zu genießen – seit Beginn ist das Festival auch für seine Panels und Workshops bekannt. Im Zentrum stehen drängende Gegenwartsthemen wie Nachhaltigkeit und Diversität, auf der Dialogbühne vor dem Theatermuseum diskutieren deutsche und französische Speaker*innen, darunter Künstler*innen des Festivals, in diesem Jahr beispielsweise Singer-Songwriterin Czesare. Und die Projekte und Initiativen, die sich auf der Wiese vorstellen, stammen aus beiden Ländern.

Das familienfreundlich French Pop Event: Chance Festival

Zur diesjährigen Festivalausgabe finden zwei Panels statt, einmal unter der Überschrift „Solidarisches Europa – nicht ohne Popkultur?“, einmal unter Fragstellung „Demokratie und Popmusik – Wie politisch sollte Popmusik sein?“. Die Moderation übernimmt Annette Gerlach von Arte. Der deutsch-französische Sender präsentiert die Dialogbühne. „Dieses Jahr liegt der Schwerpunkt auf europäischen Themen, das haben wir nach den Europawahlen bewusst so entschieden. Der Rechtsruck ist überall zu spüren und wir möchten uns dagegenstemmen“, sagt Corinna Oetken.

Czesare, Amalia, Aupinard und Féfé – Neuentdeckungen und Stars des French Pop

Auf der Festivalbühne versammelt das Chance Festival am 7. September vier Künstler*innen, die für das breite musikalische Spektrum stehen, das die französische Szene bietet. „Wir haben bei jeder Ausgabe sehr erfahrene Künstler*innen, die in Frankreich echte Stars sind, sowie Newcomer*innen dabei. Das Festival ist generationsübergreifend“, sagt Bastien Nadal. Der Sohn einer deutschen Mutter und eines französischen Vaters war am Konservatorium in Versailles und hat in Paris Music Business & Management studiert. Bereits zur ersten Ausgabe des Chance Festivals 2021 auf der Grafenberger Galopprennbahn war er an der Organisation beteiligt – damals noch als Praktikant.

Mit der Newcomerin Amalia aus Marseille und dem Headliner und ehemaligen Saïan-Supa-Crew-Mitglied Féfé sind diesmal gleich zwei Vertreter*innen des französischen Rap dabei. Künstler Aupinard lässt sich zwar vom Bossa nova inspirieren, kommt aber ursprünglich ebenfalls aus der Rap-Szene, der von Bordeaux. „Der Rap-Markt in Frankreich ist der zweitgrößte Markt der Welt“, sagt Bastien Nadal. „Auch Charles Aznavour zollte dem französischen Rap Respekt – weil für dieses Genre die Sprache so wichtig ist und weil der Rap seit jeher gesellschaftliche Themen anfasst.“ Wie gelingt es Serge & Nina, teilweise sehr bekannte französische Künstler*innen auf die Bühne zu bringen? „Viele spricht das Format an und sie haben einfach Lust darauf“, meint Oetken. „Wir sind keine kommerzielle Veranstaltung, sondern möchten allen Menschen die Möglichkeit geben, das Festival zu besuchen. Das war ein maßgeblicher Grund, warum wir uns vor zwei Jahren dazu entschieden haben, eintrittsfrei zu werden.“

Gefördert durch den Deutsch-Französischen Bürgerfonds

Hauptförderer seit der ersten Stunde ist der Deutsch-Französische Bürgerfonds. „Es gibt ihn seit 2020 und dahinter steht die Idee, wirklich auf Bürgerebene, abseits der Institutionen, den Austausch zwischen Deutschland und Frankreich zu fördern“, erklärt Corinna Oetken. „Auch die Stadt und das Kulturamt haben wir mittlerweile an unserer Seite und – was ebenfalls toll ist – das Land NRW, das uns im Rahmen einer neuen Landesinitiative seit Anfang des Jahres mit ‚Europa-Schecks‘ unterstützt.“

Mitgründer*innen von Serge & Nina sind Petra Schlieter-Gropp und Nils Gropp, Inhaber*innen der Eventagentur Schlieter & Friends, die unter anderem lange Jahre die Jazz Rally organisiert und zuletzt das Lovebird Festival kreiert haben und für die sowohl Corinna Oetken als auch Bastien Nadal tätig sind. „Sie halten uns den Rücken frei, damit wir Serge & Nina gemeinnützig und ehrenamtlich betreiben können“, sagt Corinna Oetken. Durch Schlieter & Friends könne man auf ein großes Netzwerk in Düsseldorf zurückgreifen. Ebenfalls bezahlt mache sich die Mitgliedschaft bei Music Düsseldorf, dem neu gegründeten Verein zur Förderung und Vernetzung der lokalen Musikwirtschaft. „Auch das ist absolut produktiv und fruchtbar – ein echter Gewinn“, so Oetken.

Frankophiles Düsseldorf

Die deutsch-französische Popkultur und damit Europa feiern – doch der verbindende Gedanke reicht weiter, wie Bastien Nadal erklärt: „Das Chance Festival will mehr sein als ein deutsch-französisches Festival – eine Plattform für frankofone Künstler*innen in Deutschland. Ob diese nun aus Frankreich kommen oder aus der Schweiz, aus Belgien oder den französischsprachigen afrikanischen Ländern.“ Warum bietet sich Düsseldorf als eine solche Plattform an? „Düsseldorf ist sehr frankophil. Zum einen durch die Geschichte – dem Volksmund zufolge ist Napoleon ja sogar einst im Schiffchen eingekehrt. Tatsächlich ist man einfach in vier Stunden mit dem Eurostar in Paris“, meint Nadal. „In Düsseldorf leben außerdem die meisten Französinnen und Franzosen in NRW“, ergänzt Corinna Oetken.

Wie gut französische Lebensart und rheinisches Naturell matchen, zeigt sich alljährlich auch zum Frankreichfest, dem großen Fest französischer Kulinarik. Und natürlich ist auch beim Chance Festival für das leibliche Wohl gesorgt. Regionale Caterer halten Crêpes und französische Viennoiserie bereit, afrikanische Veggie- und Vegan-Küche oder auch Austern. Die passenden Getränke gibt es ebenfalls. Darüber hinaus kann sich jede*r kostenlos seine Wasserflasche an den Trinkwasserzapfstellen der Stadtwerke auffüllen. „Das ist für uns nicht nur nachhaltig, sondern essenziell, weil Wasser ein sehr kostbares Gut ist, das aber trotzdem jedem zugänglich sein sollte“, sagt Bastien Nadal.

chance-festival.com

Info


Das Chance Festival findet am 7. September ab 14 Uhr im Hofgarten statt. Auf der Bühne des Musikpavillons treten die Künstler*innen auf. Vor dem Theatermuseum ist für Verpflegung gesorgt. Später am Abend legt auf dem Balkon des Theatermuseums Vince Fueg auf.
Wer die Panels verfolgen möchte, sollte Kopfhörer mitbringen. Die Gespräche sind bilingual, ein professionelles Dolmetscher*innenteam übersetzt simultan und mit einer App kann sich das Publikum zuschalten.

Tipp: Unter den Workshops gibt es eine ganze Reihe Mitmachangebote für Kinder. Auch die Ausstellung im Theatermuseum kann besucht werden.

Text: Eva Westhoff
Pressefotos: Chance Festival 2023, Fotografin: Anne Orthen

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