Raus aus dem Akademiekontext, rein in die Öffentlichkeit
Der AStA der Kunstakademie Düsseldorf hat einen neuen Ausstellungsraum an der Friedrichstraße gefunden. Seit Anfang August bespielen Studierende der Kunstakademie Düsseldorf die 180 Quadratmeter großen Räumlichkeiten. Die erste Ausstellung: „Petrichor“. So nennt man den Geruch, der entsteht, wenn Regentropfen auf warmen, trockenen Boden fallen. Eine Vokabel, mit der sich exzellent über Sommerregen in der Großstadt philosophieren lässt – und ein passender Titel für die Eröffnungsschau im Offspace Friedrichstraße. Der Raum bietet außerdem eine Gelegenheit sich jenseits des Akademierundgangs die Arbeiten junger Künstler*innen anzuschauen.
Die Friedrichstraße ist seit Langem Großbaustelle. Komplexe Bauvorhaben haben der einst so beliebten Einkaufsstraße zugesetzt. Handel und Gastronomie kamen mit den Umständen nicht immer zurecht, Leerstand breitete sich aus. Gerade hat eine neue Bauphase begonnen. Nach Abschluss der Arbeiten im Untergrund geht es nun an die Neugestaltung der Oberfläche inklusive Radweg und verbreiterter Gehwege – allerdings abschnittsweise: Der obere Teil der Friedrichstraße, der auf den Graf-Adolf-Platz mündet, ist erst im kommenden Jahr an der Reihe. Auf genau diesem Stück ist nun der neue Offspace der AStA der Kunstakademie Düsseldorf an den Start gegangen. Und belebt mit seinem Ausstellungsraum in der Hausnummer 12 die Friedrichstraße.
Der neue Ausstellungsraum bereichert aber auch die Düsseldorfer Galerienlandschaft und eröffnet allen die Chance, sich Arbeiten von Akademiestudent*innen außerhalb des Rundgangs anzusehen – außerhalb der großen Präsentation, die zum Abschluss des Winter- und Sommersemesters regelmäßig zehntausende Kunstinteressierte und Sammlerinnen aus aller Welt in das Neorenaissancegebäude der Kunstakademie Düsseldorf in der Altstadt zieht. Ein weiteres Plus der AStA-Galerie ist, dass Studierende verschiedener Klassen gemeinsam ihre Arbeiten zeigen.
Für die Eröffnungsausstellung „Petrichor“ hatten sich mit Aduni Ogunsan, Hyesu Jeong, Julia Schade und Yvonne Feder vier Malerinnen zusammengetan, Künstlerinnen aus verschiedenen Klassen. „Beim Rundgang ist alles sehr klassenbezogen. Hier ist das Schöne, dass es auch klassenübergreifende Ausstellungen gibt“, sagt Laura Kolar. Sie studiert Bühnenbild bei Lena Newton. Nach ihrem Bachelor wird Kolar zum nächsten Semester in den Bereich Freie Kunst wechseln. Gemeinsam mit vier weiteren Kommiliton*innen engagiert sie sich im AStA-Referat „Ausstellungsraum“. Das tut auch Philippe Derlien: „Der AStA-Ausstellungsraum ist eine studentische Initiative und hat Tradition“, sagt der Referatssprecher und Student der Bildhauerei. „Es geht darum, niederschwellig Erfahrungen zu sammeln. Leute sehen deine Kunst, man redet mit ihnen über die eigenen Arbeiten und kommt raus aus dem Akademiekontext und in die Öffentlichkeit hinein.“ Finanziert wird der AStA-Ausstellungsraum derzeit durch Qualitätsverbesserungsmittel der Kunstakademie zur Förderung studentischer Vorhaben. Alle Studierenden können ihn bespielen, in der Regel für zwei Wochen. Ein Auswahlverfahren gibt es nicht. Einzige Bedingung: Die Studierenden müssen sich mindestens zu zweit zusammenfinden.
Ein Offspace, um sich auszuprobieren
Die Lage an der Friedrichstraße ist wie gemacht, um sich der Öffentlichkeit zu präsentieren, das war bei dem vorherigen Offspace, der in einem Hinterhof lag, ein Manko. „Wir haben jetzt ein Schaufenster. Die Leute laufen vorbei, sehen uns und kommen einfach reinspaziert – das war uns wichtig“, sagt Laura Kolar. Sie habe sich gefreut über den Ort. In anderen Stadtteilen wie zum Beispiel Flingern gebe es so viele Galerien, da gehe man leicht ein wenig unter. „Auf der Friedrichstraße ist zwar schon ewig Baustelle, aber das eröffnet natürlich Möglichkeiten. Wir können uns ausprobieren und fallen vielleicht auch dadurch auf, dass wir momentan die Einzigen sind, die sich das trauen.“
Mögen Galerien das Bild des Viertels weniger prägen – ein Museum tut es: Vom AStA-Ausstellungsraum sind es lediglich fünf Gehminuten bis zum K21 der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen. Nicht nur die ständige Sammlung der klassischen Moderne und Gegenwartskunst sowie hochkarätige Wechselausstellungen haben das K21 in die erste Liga katapultiert. Dank der gläsernen Kuppel, die der ehemalige Sitz des nordrhein-westfälischen Landtags beim Umbau zum Museum vor bald drei Jahrzehnten erhielt, bekommen die Besucher*innen neben bedeutsamer zeitgenössischer Kunst buchstäblich on top einen Rundumblick auf den umliegenden Park am Kaiserteich und darüber hinaus geboten.
Orte urbaner Gemeinschaft
Das Parklet, das vor dem AStA-Offspace steht, wurde vom Zentrenmanagement Friedrichstraße bereitgestellt. „Durch das Parklet ist die Verbindung zum Stadtraum noch stärker“, sagt Laura Kolar. „Wir würden uns freuen, wenn es dauerhaft bleiben könnte, da es zum Verweilen einlädt und unser Anliegen unterstützt, einen Ort der Begegnung zu schaffen.“ Für die Zukunft wünsche man sich nicht nur die Vernetzung mit anderen Hochschulen der Stadt, sondern auch mit anderen Räumen der Off-Kulturszene, so Philippe Derlien. „Zum Beispiel mit dem nahe gelegenen Reinraum e. V.“. Die ehemalige unterirdische Toilettenanlage an der Adersstraße unterhalb des Jahnplatzes hat im Juni nach umfassender, ebenfalls öffentlich geförderter Sanierung neu eröffnet und wird vom Verein nun wieder für Ausstellungen, Konzerte, Lesungen und weitere Kulturevents genutzt.
Sich vernetzen, Unterstützer*innen ins Boot holen, Stadträume mitgestalten – wie das gehen kann, erprobte diesen Sommer auch ein Kunstprojekt an der benachbarten Graf-Adolf-Straße. „EINE STRASSE“, initiiert von Ausstellungsmacher, Kurator und Künstler Markus Ambach, machte die oben genannte über einen Zeitraum von zehn Wochen zur Protagonistin und stellte damit zugleich die Frage nach der Zukunft der Innenstadt. Im Rahmen von Ausstellungen, Konzerten, Performances, Installationen im öffentlichen Raum und vielem mehr spürten Künstler*innen der Vision eines Quartiers als solidarischer, urbaner Gemeinschaft nach, darunter Katharina Sieverding und ihre Tochter Pola Sieverding oder die legendäre Düsseldorfer Elektropop-Band Der Plan. Auch hier standen Offspaces im Mittelpunkt, zumeist als Pop-up-Konzepte. „Offspace-Kultur lebt von Spontaneität“, sagt Philippe Derlien. „Doch es ist eben auch schön, wenn die Leute wissen: Da gibt es diesen Ort, dort passiert etwas.“ Im AStA-Ausstellungsraum an der Friedrichstraße gilt das nun in schöner Regelmäßigkeit.
Die Ausstellungstermine findet ihr auf Instagram unter @asta_ausstellungsraum.
Info
Bis zum 22. September läuft die aktuelle Schau „Mr. Watson, come here. I want to see you.“ von Dagmar v. d. Ahe, Suna Ozankan, Benita Thisbe Tauer und Jan Ribbers, Studierende der Baukunstklasse.
Vom 7. bis 20. Oktober zeigen Antonia Hermes und Ye Li Arbeiten aus dem bildhauerischen Bereich.
Ab dem 21. Oktober bis 3. November steht der Raum Laura Clemens, Tim Teichrib, Emmanuel le Mazaud und Florian Erhard zur Verfügung.
Text: Eva Westhoff
Fotos:
„Petrichor“: Hyesu Jeong
„Mr. Watson“: Suna Ozankan