Andreas Knapp sitzt an einem Schlagzeug im Bilker Bunker.

Bilker Bunker – Architekt Andreas Knapp über Subkultur und Schlagzeug spielen

Interview

|

„Düsseldorf ist eine wirklich schöne Stadt. Ich liebe ihre Überschaubarkeit. Aber wir müssen darauf achten, die Subkultur in der Stadt zu erhalten.“

Er hat den Bilker Bunker kreiert, verwandelt Kirchen in Kolumbarien (Urnenhallen) und Autowerkstätten in Wohnungen. Andreas Knapp hat 2002 das Architekturbüro „Küss den Frosch“ ins Leben gerufen und liebt es, alte Gebäude wachzuküssen. Der studierte Architekt ist für seine ungewöhnlichen Sanierungs- und Umbauprojekte bekannt. „Wir sind Architekt*innen, Projektentwickler*innen, Investor*innen und Betreiber*innen von Immobilien“, so definiert er sein Geschäftsmodell. Wenn er niemand auf dem Markt findet, der seine Ideen umsetzt und weiterführt, macht er es kurzerhand selbst und baut eine entsprechende Betreibergesellschaft auf. Insgesamt fünf Firmen hat er auf diese Weise gegründet. Eine davon ist die gemeinnützige GmbH des Bilker Bunkers, der vor einem Jahr als Kunst- und Kulturraum eröffnet wurde.

Bilker Bunker von innen: nackter Beton.

Nur wenige Menschen machen die Erfahrung, einen Bunker zu kaufen. Was kostet ein Bunker?
Der Kaufpreis ist nicht so entscheidend. Wir haben einen angemessenen Preis dafür gezahlt. Das Teure ist der Umbau und Erhalt. Dafür hatten wir fünf Millionen kalkuliert.

Es gab eine Bürgerinitiative, die für den Erhalt des Bilker Bunkers gekämpft hat. Wie bist du mit ihr in Verbindung getreten?
Die Bürgerinitiative hatte großen Einfluss auf das Projekt. Schließlich hat sie den Bilker Bunker vor dem Abriss gerettet. Ich bin an die Mitglieder herangetreten und habe ihnen gesagt, dass ich überlege, den Bunker zu kaufen. Dies aber nur täte, wenn wir uns vorher über eine mögliche Nutzung unterhielten. Im September 2016 haben wir alle Interessierten eingeladen und ein kleines Bunkerfest im Hof veranstaltet, um die Wünsche der Bürgerinnen und Bürger herauszufinden. Wir haben mit 200 Leuten gerechnet, aber es kamen 2.500! Sogar der Bürgermeister war da, und es war ein sehr schönes Event. Allein an diesem Tag haben mich fünf Schlagzeuglehrer angesprochen und nach einem Raum gefragt, in dem sie unterrichten könnten. Ich bin selbst Schlagzeuger und mir war klar: Natürlich, das machen wir! Aus dieser Idee heraus sind später die sechs Multifunktionsräume entstanden, die man mit einer App auf Stundenbasis mieten kann. Wir haben jetzt zwei Sporträume, zwei Musikräume und zwei Coachingräume. Einer der Musikräume ist schon mit Schlagzeugen ausgestattet.

Der Bilker Bunker beherbergt auch Ausstellungsräume und die Musikbar Schleuse Zwei, wo regelmäßig Konzerte stattfinden. Wer organisiert die Ausstellungen und das Booking für die Musikveranstaltungen?
Die Schleuse Zwei leitet Tobias Rösgen für uns. Er hat früher für das Open Source Festival gearbeitet und ist tief in der Szene verwurzelt. Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss liegen die Ausstellungsräume für Kunst und Kultur. Die Ausstellungen werden von Christina von Plate, der Geschäftsführerin des Bilker Bunkers, kuratiert.

Der Bilker Bunker von außen: ein hohes Wandgemälde ziert die Außenfassade.

Wie wird der restliche Platz im Bunker genutzt?
Im zweiten Obergeschoss sind die Büros unserer Mitarbeiter*innen und die Fahrradgarage, in der wir Mietplätze anbieten. In der dritten und vierten Etage gibt es Showrooms für Mode und Design und Besprechungsräume für Meetings. Darüber ist das frühere Dach, sprich die Decke hat hier zweieinhalb Meter Dicke. Und auf dem Dach haben wir fünf ungewöhnliche Wohnungen gebaut.

Wie kam es zu der Idee, Wohnungen auf dem Bilker Bunker zu bauen?
Nun, wir haben uns gefragt: Wie finanziert man einen Kunst- und Kulturbunker? Wir wussten, dass wir etwa fünf Millionen Euro brauchen würden. Unsere Idee war: Wir bauen fünf verrückte Wohnungen aufs Dach, die wir verkaufen. Und aus dem Erlös bezahlen wir den Umbau. Den Betrieb des Bilker Bunkers, also die monatlichen Kosten, müssen wir selbst erwirtschaften – durch die Schleuse Zwei, die Multiräume, die Fahrradgarage. Auch die Einnahmen aus der Vermietung von Räumen für Veranstaltungen und Events fließen in diesen einen Topf, in die gemeinnützige GmbH.

Den Bilker Bunker gibt es jetzt seit einem Jahr. Ist eure Rechnung aufgegangen?
Wir sind auf dem Weg, der Bunker trägt sich noch nicht allein. Doch der Umbau hat sich gerechnet. Wir haben vom Bund zwei Millionen Euro an Fördergeldern bekommen, so dass wir selbst nur knapp drei Millionen aus dem Erlös beisteuern mussten. Und, wie wir wissen, muss sich jede neue Geschäftsidee erst einmal etablieren. Es braucht normalerweise zwei bis drei Jahre, bis der Break-even erreicht ist.

Was hat sich für dein Architekturbüro „Küss den Frosch“ durch den Bilker Bunker geändert?
Der Bilker Bunker hat als Leuchtturmprojekt viel mediale Aufmerksamkeit erhalten. Nun kommen Kommunen auf uns zu und fragen an, ob wir ein ähnliches Konzept für sie entwickeln können. Das kann ein Bunker, ein Zollspeicher oder ein Schlachthof sein. Wir können zeigen, was alles möglich ist. Früher hieß es: Ihr spinnt ja nur rum. Heute sagen wir: Schaut euch Düsseldorf an!

Du hast in Duisburg eine ehemalige Kirche in ein Kolumbarium verwandelt, aus einem Schlachthof machst du einen Food-Campus. Wie kommst du auf solche Ideen?
Es macht mir einfach Spaß, mir solche Dinge auszudenken. Wir sind ja auch die Betreiber der drei Stadtstrände am Rhein. Jetzt planen wir einen Makerspace in einer ehemaligen Schreinerei ander Birkenstraße 23 in Flingern. (Ein Makerspace ist eine Art offene Werkstatt, in der innovative Produktionsverfahren und Geräte wie 3D-Drucker Privatpersonen zugänglich gemacht werden. // Anm. d. Red.) Das machen wir gemeinsam mit GarageLab e. V. und Markus Lezaun, der einen ähnlichen Ort auf der Rather Straße hatte. Manche mögen ihn kennen, sein Projekt hieß „Super7000“. Unser Makerspace soll nicht nur ein Ort werden, an dem Menschen ihre Dinge selbst restaurieren und reparieren können. Wir planen außerdem, Menschen dort auszubilden.

Ein in lilablaues Licht getauchter Treppengang im Bunker.

Was ist für dich das Besondere am Standort Düsseldorf?
Ich bin 1988 zum Studium nach Düsseldorf gekommen und lebe seitdem hier. Für mich ist Düsseldorf zur Heimat geworden. Und ich finde, Düsseldorf ist eine wirklich schöne Stadt. Ich liebe ihre Überschaubarkeit. Aber ich finde, wir müssen darauf achten, die Subkultur in der Stadt zu erhalten. Da wurde in den letzten Jahren viel abgerissen, was in meinen Augen erhaltenswert gewesen wäre, zum Beispiel der alte Güterbahnhof oder die Brause. Deshalb wollte ich zumindest den Bilker Bunker retten und hier einen Ort für Kultur und Subkultur schaffen. Düsseldorf kann nämlich genauso so cool sein wie Berlin.

Wohin gehst du, wenn Freund*innen zu Besuch sind?
An den Stadtstrand am Robert-Lehr-Ufer. Er ist der ruhigste und am wenigsten touristischste von den Dreien. Du kannst dich dort entspannt niederlassen. Es gibt gesunde Bioprodukte und man hat einen wunderbaren Blick auf die untergehende Sonne.

… und wenn du abschalten möchtest?
Dann fahre ich nach Holland ans Meer. Da ist man ja in drei Stunden von Düsseldorf aus. Ich verbringe dort regelmäßig meine Wochenenden – und komme voller Energie zurück.

bilkerbunker.de

Text: Ilona Marx
Fotos: Markus Luigs

Jetzt zum Newsletter anmelden und keine Neuigkeiten mehr verpassen