Daria & Maurice, Macher*innen von "Lola Land" sind ganz in schwarz gekleidet und sitzen eng beieinander auf roten Samtsitzen, die sich aneinander reihen wie im Kino.

Lola Land – Eine Neo Revue von & mit Daria Penzina und Maurice Stocsek

Interview

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„Unsere Show wird wild und spicy.“

„Lola Land“ ist eine Neo Revue erdacht und umgesetzt von Daria Penzina und Maurice Stocsek alias Lola Lash. Die Show ist ein schillernder Safe Space für Kreativität, Glamour und Vielfalt. Tänzerin und Choreografin Daria und Drag-Künstler Maurice haben mit der Neo Revue „Lola Land“ ein völlig neues Bühnenerlebnis in Düsseldorf geschaffen, das künstlerische Grenzen sprengt. Inspiriert von queerer Subkultur, vereinen sie Drag, Burlesque, Poledance, Frame-up Dancing und Akrobatik zu einer unkonventionellen Show. Nach erfolgreichen Auftritten zelebrieren sie Mitte November ihre Abschiedsshow im Capitol, um ab 2025 im Apollo Varieté durchzustarten. Wir haben mit ihnen über ihre künstlerische Vision, die Faszination von Drag und ihre liebsten Safe Spaces in der Stadt gesprochen.

Was macht euer Showkonzept „Lola Land“ deutschlandweit einzigartig und wie entstand die Idee dazu?
Maurice: Es gibt viele tolle Shows in Düsseldorf, aber uns fehlte etwas, das unserer Ästhetik und Vision entspricht. „Lola Land“ kommt aus der Subkultur, aus einem Safe Space. Wir wollten künstlerische Disziplinen wie Burlesque, Striptease, Poledance und Akrobatik, die alle nur vereinzelt zu sehen sind, zu einer einzigartigen Show vereinen – ohne Regeln und Tabus. Wir zelebrieren Weiblichkeit in allen Formen und Facetten. Wir holen Menschen auf die Bühne, welche die breite Masse üblicherweise nicht sehen kann. Mit „Lola Land“ wollten wir eine queere Show gestalten, bei der nicht die Sexualität im Vordergrund steht, sondern das künstlerische Können. Und ein emotionales Erlebnis schaffen – einen sicheren Ort für alle, sich frei zu entfalten.

Daria, du bist Managerin, Tänzerin und Choreografin und Maurice, du führst als Lola Lash durch die Show. Wie habt ihr beiden zueinander gefunden?
Daria: Wir haben uns bei Pole Land Düsseldorf kennengelernt – einem Polestudio in Oberbilk, wo wir mehrmals die Woche auch Tanz und Akrobatik unterrichten. Maurice hat einen Kurs gegeben für die Aids Hilfe, bei dem ich ihn unterstützt habe. Wir haben uns angefreundet, zusammengearbeitet und uns gegenseitig sehr zu schätzen gelernt. Wir teilen die gleiche Vision und Ästhetik. Maurice ist Tänzer, Darsteller und Drag und ich vertrete den Tanzstil Frame-up, den ich bis jetzt als Einzige in Düsseldorf anbiete und unterrichte. Frame-up ist ein recht junger, sexy High-Heel-Tanzstil, der aus meinem Heimatland Russland kommt und eine kleine, aber wachsende Community in Europa hat.

Ihr holt auch internationale Künstler*innen auf die Düsseldorfer Bühne. Wie sucht ihr die Gast-Performer*innen für eure Shows aus?
Maurice: Viele sind Freund*innen oder Kolleg*innen, die wir auf anderen Shows kennengelernt haben. Wir schauen uns vieles auf Social Media an und schreiben Künstler*innen, die uns gefallen. Mittlerweile hat sich unsere Show in der Szene herumgesprochen und es kommen Leute auf uns zu. Das freut uns sehr, zeigt aber auch, wie wenige Auftrittsmöglichkeiten es für Künstler*innen gibt. Nur weil man nicht gesehen wird, heißt es ja nicht, dass man nicht genauso gut ist, wie jemand, der jeden Abend auf der Bühne steht.

Was erwartet uns dieses Wochenende bei „Lola Land“ im Capitol?
Maurice: Bei unserer Show im Capitol erwartet Düsseldorf ein Line-up, das diese Stadt noch nicht zu Gesicht bekommen hat. Ein Overload der Gefühle. Wir zeigen „Boylesque“, also männliche Burlesque-Kunst, die sehr selten zu sehen ist. Es wird spektakuläre Akrobatik im Aerial Hoop (s. Foto) von Charlotte Fischer und Marlene Ziechmann geben. Charlotte ist Düsseldorferin und arbeitet für Roncalli. Die beiden Akrobatinnen sind gerade erst aus Brasilien zurückgekommen. Außerdem sind dabei: Burlesque Queen Anya Pavlova, Freifrau von Kö und unsere Tanzgruppe The Lolettes. Und natürlich führe ich als Lola Lash charmant und sehr direkt durchs Programm. Es wird eine tolle Show, aber gleichzeitig vorerst ein Abschied vom Capitol, wo alles angefangen hat. Haltet euch fest, das wird sehr wild und spicy!

Maurice steht und Daria kniet vor dem Eingang des Apollo-Theaters am Rhein.

Ihr startet das neue Jahr in einer neuen Location: im berühmtem Apollo Varieté. Was bedeutet euch dieser besondere Ort?
Daria: Wir bringen mit unserer Late Night Show neuen Wind ins Apollo. Als man uns angefragt hat, ob wir dort auftreten wollen, glich das einem Ritterschlag. Es wird eine neue Ära von „Lola Land“, sehr sexy und spektakulär. Die Show entsteht unter unserer Regie und das Apollo unterstützt uns mit allem, was es hat: Technik, Bühne, Licht und dem wahnsinnig schönen Ambiente. Ende Januar spielen wir dort die erste Late Night Show. Die Tickets sind schon online.
Maurice: Als Düsseldorfer kenne ich das Apollo Varieté schon aus meiner Kindheit. Als Künstler mit Passion für Tanz und Akrobatik ist es für mich eine riesige Ehre, dort auf der Bühne stehen zu dürfen. It’s a match! Denn das Apollo Varieté und wir von „Lola Land“ teilen die gemeinsame Leidenschaft für Artistik, Varieté und Show, dafür Menschen zu begeistern und ihnen ein Lachen ins Gesicht zu zaubern.

Maurice, als Drag-Künstler verwandelst du dich in die Luxus-Clownesse Lola Lash. Wie würdest du Lola beschreiben?
Maurice: Lola ist ein Sidekick von mir, ein Teil meines Charakters, den ich als Lola ausleben kann – wie zum Beispiel Fashion. Ich liebe den Prozess der Kostümierung: die Kleider, die Haare, das Make-up. Lola ist eine aalglatte Person, unantastbar und unangreifbar, mit sehr viel Humor und Herz, sehr durchgeknallt – und ganz schön evil. Drag darf man aber nicht persönlich nehmen, es ist eine Karikatur. Es persifliert gesellschaftliche Wertvorstellungen in überzogenem Maß. Lola ist zwar ein Teil von mir, aber sie existiert nur auf der Bühne und nach zwei Stunden ist sie abgeschminkt. Sie ist nicht real. Dadurch zeigen wir Drag-Künstler, dass hinter all dieser Fassade und der Kleidung am Ende ein Mensch steckt, ein erwachsenes Kind, das gar nicht viel braucht. Drag ist auch eine Kritik an unserer sehr konsumgesteuerten Welt.

Gibt es in Düsseldorf eine lebendige Drag Community?
Maurice: Travestie-Künstler*innen wie Käthe Köstlich, Sergio Abajur und Kim Davis haben Drag in Düsseldorf den Weg geebnet. Als ich mit Drag angefangen habe, gab es nicht viel davon in Düsseldorf. Inzwischen wird „Dressed As a Girl“ medial anders gesehen, etwa durch die erfolgreiche Fernsehshow „RuPaul’s Drag Race“. Menschen schätzen es und wissen, wie viel Arbeit dahintersteckt. Dass es mehr ist als ein Kleid, eine Perücke und ein Lippenstift. Drag ist eine angesehene Kunstform und gerne gesehen auf Veranstaltungen. Drag ist im Theater, auf Geburtstagen, auf Partys, in der Bibliothek und in Schulen. Mittlerweile gibt es hier eine junge Drag-Generation. Es hat sich in den letzten Jahren einiges getan.

Was sind eure persönlichen Lieblingsorte in Düsseldorf? Wo lebt ihr euch gerne aus?
Daria: Wir leben uns vor allem auf der Bühne aus. Auf einen Drink kann man mich aber schon treffen, vorwiegend in Bars wie Alchemist, wo das Publikum sehr cool ist. Ich gehe aber auch gerne in die Square Bar, die Ellington Bar, in den Salon des Amateurs oder ins Velvet. Und natürlich sind wir immer wieder zu Gast in der Bar Lola.
Maurice: Ich bin privat ein sehr zurückgezogener Mensch und oft in der Natur: am Rhein, im Südpark mit meinem Hund oder am Unterbacher See. Zum Shoppen liebe ich die Lorettostraße mit tollen Stores wie Roc- your-Body-Dessous und Stewardress. Für Kunst empfehle ich das KIT oder das NRW Forum, wo man im Pong wunderbar etwas trinken kann. Mein absoluter Geheimtipp in Düsseldorf, um mitten in der City eine halbe Stunde abzuschalten, ist der Rosengarten in der Carlstadt.

Maurice & Daria umarmen sich, nach wie vor zwischen den Stuhlreihen aus rotem Samt.

Welche Safe Spaces für die queere Community könnt ihr in Düsseldorf empfehlen?
Maurice: Den Pink Palace im Theatermuseum, wo immer wieder queere Kunst gezeigt wird. Düsseldorfs legendäre Gay-Bar Aroma wurde jüngst wiedereröffnet und ist einen Besuch wert. Neben den Gay-Bars Bar Lola und Studio 1 kann ich die Kunstakademie Partys und Happenings ans Herz legen. Düsseldorf ist queer-friendly. Wir haben das queere Zentrum und das PULS, das schwul-lesbische Jugendzentrum, das ich mit aufgebaut habe.

Maurice, du bist in Düsseldorf geboren. Daria, du bist 2005 aus Russland hergezogen. Was bedeutet Düsseldorf für euch – künstlerisch und persönlich?
Maurice: Düsseldorf ist eine kulturell wertvolle Stadt und bietet sehr viel auf kleinstem Raum, wie das Tanzhaus NRW mit seinem großen Angebot oder tolle Kulturfestivals wie das Düsseldorf Festival oder das Asphalt Festival. Es gibt hier eine große Voguing Community und man kann für zehn Euro Ballettunterricht bei Mitgliedern des Ensembles der Oper am Rhein nehmen. Man kann in Düsseldorf mit vielen Menschen in Berührung kommen, dafür liebe ich die Stadt.
Daria: Düsseldorf ist meine künstlerische Heimat und ich lebe sehr gerne hier. Ich bin der Stadt sehr dankbar für alle Menschen, die ich getroffen habe. Für das Pole Land als mein zweites Zuhause und natürlich für Maurice. All das hat mir Düsseldorf gegeben. Und jetzt gebe ich mit „Lola Land“ etwas zurück.

lolaland-revue.de

Text: Karolina Landowski
Fotos: Kristina Fendesack
Fotos „Lola Land”: siehe Credit

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