
Zu Besuch bei Steffen Mumm – Vom Sprayer zum Künstler
„Das Dorf steckt ja schon im Namen, Düsseldorf hat etwas Gemütliches und bietet gleichzeitig alles, was man braucht.“
Der Düsseldorfer Künstler Steffen Mumm ist in seiner Wahlheimat vor allem für seine Malereien und Skulpturen bekannt: Seine sogenannten Heads, Typologien, die auf wenige Striche reduziert sind, tauchen nicht nur in Malereien und Skulpturen auf, sie zieren auch Vasen, Siegelringe, Socken und Seidentücher, die er online unter dem Label Studio Mumm vertreibt. Wir sprachen mit dem 34-jährigen Mumm über seine Entwicklung vom Graffiti-Sprayer zum Künstler, die Philosophie, die er mit seinen Heads verfolgt und warum Düsseldorf für ihn die ideale Homebase ist.

Deine Heads prägen das Stadtbild in Düsseldorf an verschiedenen Stellen, wie zum Beispiel an der Pionierstraße und bei Pommes & Wein. Wie kommen diese Bilder zustande? Sind das Auftragsarbeiten oder entstehen sie frei?
Das ist unterschiedlich. Entweder werde ich für eine freie Auftragsarbeit, so zum Beispiel bei der Toreinfahrt an der Pionierstraße, angefragt. In diesem Fall fragte mich eine Künstlerin, die dort ihr Atelier hat, ob ich Lust hätte, während der Kunstpunkte das Tor zu bemalen. Wenn es ein interessanter Teil der Stadt und eine interessante Fläche ist, dann lasse ich mich gerne drauf ein. An der Luegallee und bei Pommes & Wein handelte es sich um freie Auftragsarbeiten. Der Besitzer von Pommes & Wein, Toni Askitis, ist ein Freund von mir. Den Container im MedienHafen habe ich ebenfalls im Auftrag gestaltet. Er gehört zu einer Veranstaltungsfläche, die mein Freund Moritz Todisco vom Vacation Club bespielt. Einfach so mit der Sprühdose losziehen – die Zeiten sind tatsächlich vorbei. Ich glaube, das kann ich mir jetzt auch nicht mehr so erlauben. Dafür stehe ich zu sehr in der Öffentlichkeit.
Kann man sagen, dass du dich zwischen Graffiti und Fine Art bewegst?
Im Graffiti liegen meine Wurzeln. Inzwischen jedoch habe ich mich weiterentwickelt und würde mich nicht mehr einer bestimmten Szene zuordnen. Es kommt zwar hin und wieder vor, dass ich bei Jams oder Festivals auch mal klassisch Buchstaben male, aber ich habe einfach aufgehört, mich irgendwo einzuordnen. Ich tue das, was ich gerne tue. Ob das jetzt Contemporary Art ist oder nicht – diese Beurteilung überlasse ich gerne anderen.

Inzwischen wirst du von der Galerie Kunst & Denker vertreten, warst im NRW-Forum zu sehen und der Kunstpalast hat eine Arbeit von dir angekauft. War diese Transformation vom Graffiti-Artist zum Künstler ein Prozess oder eine bewusste Entscheidung?
Das war ein organischer Prozess. Ich war immer sehr neugierig und schnell gelangweilt, darum habe ich viele neue Dinge ausprobiert. Nach meinen frühen Sprüharbeiten habe ich mich der Kalligrafie gewidmet und mich viele Jahre intensiv damit auseinandergesetzt. Parallel dazu aber auch mit Lettering, also dem gezeichneten Wort − im Unterschied zum kalligrafisch geschriebenen Wort. Im Studium des Kommunikationsdesigns mit Schwerpunkt Illustration und Typografie habe ich sehr viel gezeichnet und viele verschiedene Bereiche kennengelernt.
Deine sogenannten Heads sind ein ikonisches Markenzeichen von dir. Wie und wann kamst du zu dem Motiv der Köpfe? Und was möchtest du mit ihnen ausdrücken?
Die Köpfe sind das Ergebnis, quasi der Extrakt eines langen Prozesses und zu einer Art unendlichem Zeichenalphabet geworden. Nachdem ich schon präzise fotorealistisch, dann illustrativ und grafisch gemalt habe, entwickelte sich mit der Zeit diese Lockerheit, die die Heads haben. Du wirst feststellen, dass kein Kopf einen negativen Gesichtsausdruck hat. Ich möchte mit ihnen positive Energie in die Welt bringen, da ich mich auch selbst als entspannten und positiv gestimmten Menschen sehe.

Du sagst, deine Kunst sei ein Weg, das Menschsein zu erkunden. Kannst du erklären, was damit gemeint ist?
Ich lese viel, aber in meinem Bücherregal stehen fast keine Kunstbücher. Ich beschäftige mich lieber mit Philosophie, Psychologie, Hirnforschung und gesellschaftlichen Themen. Ich sehe das künstlerische Arbeiten als Persönlichkeitsentwicklung an der Leinwand. Meine Auseinandersetzung mit Zen, Meditation und Stoizismus fließt in die Arbeiten, die dann diese Praktiken, Religionen und Philosophien widerspiegeln.
Dein Atelier ist in Lierenfeld. Welche Rolle spielt dieser Ort für dich?
Eine große. Ich habe meine Ausbildung zum Mechatroniker direkt um die Ecke gemacht, dann fünf Jahre bei einer Aufzugsfirma gearbeitet und bin fürs Studium nach Mönchengladbach und Krefeld gezogen. Seit 2021 bin ich zurück in Düsseldorf. Es ist mir sehr wichtig, dass ich mich in einer Umgebung wohlfühle. Und das tue ich. Für mich hat die Stadt die perfekte Größe. Ich lebe in Flingern, nicht allzu weit von meinem Atelier, gehe gern zu Fuß in den MedienHafen oder zum Carlsplatz. Gefühlt hat man dann halb Düsseldorf durchquert – und das auf eine entspannte Art. In anderen Städten ist das nicht so einfach zu bewerkstelligen. Und trotz der kompakten Größe hat Düsseldorf viel zu bieten. Allein dass die Kunst ein großes Thema in der Stadt ist, hat einen großen Einfluss auf mich gehabt.

Wofür steht Düsseldorf für dich?
Für ein sehr dichtes Angebot auf überschaubarer Fläche. Das Dorf steckt ja schon im Namen, Düsseldorf hat etwas Gemütliches und bietet gleichzeitig alles, was man braucht. Vor zwei Tagen war ich zum ersten Mal in der Tonhalle, bei einem klassischen Konzert. Das war atemberaubend. Das Kulturangebot ist so reichhaltig, das ist kaum zu schaffen. Und auch die Gastroszene hat wahnsinnig viele Facetten. Außerdem ist der Rhein wunderschön.

Führung
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Sieh die Stadt mit neuen Augen! Klaus Rosskothen, Leiter der Galerie Pretty Portal, nimmt dich mit auf eine Entdeckungsreise durch Düsseldorf – zu Orten, die voller Kunst stecken. Erlebe Werke von Künstler*innen wie Jana&JS, FinDAC, Pixelpancho und L.E.T., die Fassaden, Unterführungen und Hauseingänge kreativ gestalten.
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Wohin gehst du, wenn Freund*innen zu Besuch sind?
Ich gehe gerne um die Ecke, zum Clube Português an der Erkrather Straße, der authentisch und urig ist. Das Lightroast mag ich, um einen Kaffee trinken zu gehen. Wenn bei Ruttkowski;68 am Grabbeplatz eine Ausstellung ist, dann führe ich sie dorthin. Und natürlich ganz klar in den Kunstpalast. Gerade jetzt mit der neuen ständigen Sammlung. Außerdem liebe ich den Vacation Club im MedienHafen. Das ist eine Eventplattform, die ein Freund von mir betreibt. Du kannst dort Yoga machen, Sauerteigbrot backen oder Teppiche tuften. Im Winter gehen wir Eisstockschießen – das ist schön weihnachtlich.
Und wo kannst du besonders gut abschalten?
Ich gehe sehr gerne von Flingern in Richtung Zoopark. Dann drehe ich meine zwei, drei Runden und es geht mir wieder gut.
Text: Ilona Marx
Fotos: Kenny Tran



