Sascha Förster sitzt auf der auf einer Art Balustrade des Theatermuseum Düsseldorf und blickt in den Hofgarten.

Theatermuseum Düsseldorf – Sascha Förster, Leiter des TMD, über Kultur & Stadtgesellschaft

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„Die Menschen aus Düsseldorf sollen es spüren: Wir machen das Programm für sie.“

Sascha Förster leitet seit vier Jahren das Theatermuseum Düsseldorf, das idyllisch am Hofgarten liegt. Offiziell heißt es Theatermuseum Hofgartenhaus Düsseldorf, kurz: TMD. Zentral ist die Dauerausstellung des Dumont-Lindemann-Archivs im Erdgeschoss. Denn das Ehepaar Dumont-Lindemann gründete das Schauspielhaus und legte das Fundament für das Museum. Geradezu legendär sind mittlerweile die regelmäßig stattfindenden Formate wie Pink Palace, Pickle Palace und Das Rote Sofa. Die Happenings zum ESC zählen zu den beliebtesten der Stadt. Man sollte über die unterhaltsamen Reihen jedoch nicht die wechselnden Ausstellungen vergessen. Wir haben Sascha Förster im Theatermuseum Düsseldorf besucht und einen erkenntnisreichen Nachmittag verbracht.

Das Foyer mit Sesseln und gerahmten Bildern im Midcentury-Stil. Zentral hängt ein Neonschriftzug "Theatermuseum".

Das Theatermuseum Düsseldorf hat, das ist zumindest mein Eindruck, seitdem du die Leitung übernommen hast, einen Imagewandel vollzogen. Reihen wie Pink Palace sind sehr beliebt. Ein Schwerpunkt des Programms liegt eindeutig auf Queerness und Feminismus. Wie viel davon entspricht deiner Vision, die du für das Theatermuseum von Anfang an hattest?
Anne Blankenberg, meine Stellvertreterin, hatte 2021 die kommissarische Leitung und setzte sich dafür ein, dass in der Ausschreibung meiner Stelle Diversitätsorientierung mit drinstand. Das war eine Voraussetzung, die mitzubringen war. Das ist eher unüblich. Nachdem ich die Leitung übernommen hatte, haben wir mit einem Commitment für die Queer-Community angefangen. Das war im Grunde ein No-Brainer, da durch Louise Dumont vorgegeben war, dass Frauen im Theatermuseum präsenter sein müssen.

Das bedeutet, dass du ein erweitertes Verständnis der Queer Community besitzt?
Wir mussten erstmal lernen, was wir meinen, wenn wir queer sagen. Die Queer Community ist in Düsseldorf größtenteils eher schwul-lesbisch. Mein Anliegen war, dass sich die schwul-lesbische Community verändern muss, wenn sie wirklich offen für alle sein will. Hinzukam eine interkulturelle Komponente, für Menschen mit Migrationsgeschichte. Das ergab sich auch aus Veranstaltungen rund um das Thema Ballroom, wo eine Schnittstelle zwischen interkulturell und queer liegt − aber auch über die Arbeit mit dem Haus der Kulturen. Ebenfalls dazu beigetragen hat, das mit Miriam Koch neu besetzte, Dezernat für Kultur und Integration.

Du hast eben Louise Dumont erwähnt. Sie hat von 1862 bis 1932 gelebt, war eine sehr erfolgreiche Schauspielerin und nicht zuletzt hat sie gemeinsam mit ihrem Mann Gustav Lindemann das Schauspielhaus gegründet. Im Erdgeschoss des Theatermuseum Düsseldorf läuft eine Dauerausstellung, zusammengestellt aus dem Dumont-Lindemann-Archiv, die vor allem ihr gewidmet ist. Kannst du uns ihr Werk und Schaffen etwas näherbringen?
Das Dumont-Lindemann-Archiv gibt es seit 1947 als Institution der Stadt Düsseldorf. Meinem Vor-Vorgänger Heinrich Riemenschneider ist es zu verdanken, dass die Ausstellungspraxis intensiver wurde. 1988 ist man in das Gebäude am Hofgarten gezogen. Dadurch hat es sich gewandelt in Dumont-Lindemann-Archiv und Theatermuseum. Das Archiv ist dann über die Jahre aber thematisch weggerückt. Ich habe es dann stärker zurückgeholt, weil ich es als Antriebspunkt unserer gesamten Arbeit verstehe. Ich meine das wirklich: inhaltlich, intellektuell und ideell. Die Fragen sind: Was ist das Archiv? Was ist daran besonders, auch hinsichtlich dessen, dass Dumont und Lindemann das Schauspielhaus gegründet haben? Und was können wir daraus bis heute lernen?

Und wie lauten die Antworten?
Dem Schauspielhaus Düsseldorf waren soziales Engagement wichtig und auch Fragen rund um kulturelle Teilhabe. Außerdem war die Arbeit mit Gegenwarts- und Nachwuchskünstler*innen von Bedeutung. Das alles sind Dinge, die auch uns in unserer Arbeit prägen. Eine Prägung, die wir dem Dumont-Lindemann-Archiv und der darin dokumentierten Geschichte des Schauspielhauses entnehmen. Die Dauerausstellung im Erdgeschoss macht dies stets präsent. Was wir daraus jedoch vor allem lernen, ist die fortwährende Auseinandersetzung mit der Geschichte, die bis heute unsere Arbeit im TMD prägt. Auch wenn dies nach außen nicht immer unmittelbar erkennbar ist, kennzeichnet die intensive Beschäftigung mit dem Archiv und dem Schauspielhaus Düsseldorf unsere Arbeit maßgeblich.

Das Dumont-Lindemann-Archiv ist also die Wurzel eurer Arbeit?
Ja, das kann man so sagen. Hinzukommt das Gebäude selbst, das Hofgartenhaus. Wir verstehen es als Begegnungsort einer vielfältigen Stadtgesellschaft. Die Idee des Begegnungsortes ist uns sehr wichtig. Wir müssen als Kurator*innen wie Gastgeber*innen eines Abendessens unter Freund*innen oder Bekannten, die sich vielleicht nicht kennen, dafür sorgen, dass sie miteinander ins Gespräch kommen. Wir überlegen uns, wie wir das ermöglichen können. Unser Weg ist die darstellende Kultur − also nicht nur etablierte, darstellende Kunst. Dadurch können wir Veranstaltungen zum ESC machen oder auch Ballrooms.

Der Begriff Stadtgesellschaft ist mir in letzter Zeit häufiger begegnet, zum Beispiel im Podcast Alle Rhein! – Mit Lasse Scheiba. Das Konzept Kulturveranstaltungen für die Stadtgesellschaft nahbar und zugänglich zu machen, scheint mir von einer neuen, jüngeren Generation Kulturschaffender verstärkt in etablierten Häusern umgesetzt zu werden.
Ich bin in einer privilegierten Position, die im Grunde von den Steuerzahler*innen finanziert wird und darum möchte ich, etwas machen, das sich an alle richtet. Wir müssen für die Stadtgesellschaft relevant sein. Am Hofgarten hat man sie in ihrer Breite. Es finden Veranstaltungen wie The Dorf The Market statt, das Chance Festival, das Pop-up Artistik Festival und viele weitere. Menschen picknicken im Hofgarten. Man sieht so viele Menschen vor Ort und wir sind ihr Haus. Das möchten wir vermitteln. Ich denke, wir müssen gesellschaftsrelevant sein, und zwar für die Stadt. Das repräsentiert für mich die Idee der Stadtgesellschaft. Die Menschen aus Düsseldorf sollen es spüren: Wir machen für sie Programm.

Du klingst sehr engagiert und leidenschaftlich. Bleibt dir noch Zeit Düsseldorf außerhalb des Theatermuseums zu erleben?
Ja, schon. Es ist fast absurd, was Düsseldorf, obwohl es eher klein ist, zu bieten hat. Vor allem im Sommer hat man regelrecht Fear-Of-Missing-Out, − und das jedes Wochenende − weil man Sachen verpassen könnte. Dabei möchte man vielleicht mal einen Tag im Bett verbringen. Aber ich bin meistens ohnehin hier, im TMD. Oder in einem der anderen fantastischen Theater, die die Stadt hat. Oder ich gehe in den Kunstpalast. Ich bin schon sehr in der Kultur-Bubble unterwegs. Ich muss auch sagen, dass ich mich in Düsseldorf sehr wohl fühle. Die Menschen sind so warm und haben mich so gut aufgenommen, mit großer Bereitschaft mich in ihren Netzwerken willkommen zu heißen. Und auch, was wir am Haus machen, ist großartig. Ich bin sehr glücklich, dass ich die Chance habe das Theatermuseum zu leiten.

theater-museum.de

Tipp

Noch bis zum 8. Februar 2026 läuft die Ausstellung Szenenwechsel im Theatermuseum Düsseldorf. Ausgestellt werden Objekte, Skizzen, Gemälde, die Bühnenbilder und Kostüme zeigen. Ein Teil der Ausstellung widmet sich Ernst Stern, der Mitglied der Berliner Secession war, aber vor allem Chefbühnenbildner des Deutschen Theaters. Dort arbeiteten ihm namhafte Künstler wie Edvard Munch zu. Im Theatermuseum sieht man seine Werke neben Zeichnungen aus der Reihe Drag Diarires. Die skizzenhaften Zeichnungen von Xeni Slay zeigen Momente im Backstage von Drag-Shows.

Text: Cynthia Blasberg
Fotos: Kristina Fendesack

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