„Sanssouci am Rhein“

|

„Sanssouci am Rhein“

Schloss Benrath mit dem weitläufigen Park ist den Düsseldorfer*innen als Ausflugsziel lieb und teuer. Doch manche Details seiner Geschichte kennen selbst Einheimische nicht. Die Historikerin und Kunstvermittlerin Stefanie Kemper plaudert aus dem „Schmuckkästchen“.

Sollte nicht jeder ein Lustschloss besitzen? Eigentlich schon. Die Düsseldorfer*innen jedenfalls schätzen sich glücklich, eine solche Maison de plaisance ihr Eigen zu nennen. War ihr „Sanssouci“ früher noch einen Tagesritt entfernt vor den Toren der Stadt gelegen, erreichen sie es nun von der Innenstadt aus nach kurzer Auto- oder Bahnfahrt oder, noch entspannter, nach einer gut halbstündigen Fahrradtour.

Doch wie hielten es eigentlich der einstige Hausherr Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz und seine Gemahlin Elisabeth Auguste mit der Auszeit im Grünen? Wir fragen die Historikerin und Kunstvermittlerin des Schlosses Benrath, Stefanie Kemper – und erfahren eine ungewöhnliche Geschichte.  

Wir gehen auf Filzpantoffeln durchs Schloss. Warum?

Der Boden hier besteht aus ganz besonderem Lahn-Marmor, der nicht mehr abgebaut wird. Wenn hier Beschädigungen auftreten, muss man mit einem anderen Marmor ausbessern. Das möchten wir natürlich vermeiden. Auch die Parkettböden sind sehr empfindlich und sollten geschont werden.

Das Benrather Schloss wurde von Nicolas de Pigage als Jagdschloss für den Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz und seine Frau Elisabeth Auguste errichtet. 1771 wurde es nach 15-jähriger Bauzeit fertiggestellt. Wie oft besuchte das Kurfürstenpaar seine Sommerfrische? 

Karl Theodor und Elisabeth Auguste besuchten ihr Domizil tatsächlich nur ein einziges Mal. Und das nicht einmal gemeinsam! Der Kurfürst reiste für einen Jagdaufenthalt an, seine Gemahlin übernachtete 1771 anlässlich der Einweihung hier und kam danach nicht mehr wieder. Man sollte wissen: Das Paar musste aus dynastischen Gründen heiraten und ging sich zeitlebens aus dem Weg. Sie lebte später meist in Oggersheim, er zog nach München.

Ein Lustschloss ohne Liebespaar? 

Ja, richtig. Dabei haben wir es hier mit einem sehr romantischen Liebesnest zu tun. Neben dem Kuppelsaal, in dem offizielle Anlässe gefeiert werden sollten, gibt es zwei Wohnflügel. Links des Saales befindet sich der für Elisabeth Auguste, rechts der für Karl Theodor. Wie ausgeklügelt die Pläne waren, zeigt sich an meinen beiden Lieblingsorten, den Badezimmern, die nicht Teil der offiziellen Führung sind. Sie waren nicht nur jeweils mit dem benachbarten Schlafzimmer verbunden, sondern durch Geheimgänge auch mit dem Bad und Schlafzimmer des anderen Geschlechts. Das Kurfürstenpaar hätte sich also unbemerkt jederzeit besuchen können.

Was macht die Bäder so besonders?

Ihre Ausstattung. Beide sind überreich mit Stuck verziert. Das Bad von Karl Theodor mit zwei Faunen und einem Blätterdach aus Eichenblättern, das von Elisabeth Auguste mit zwei Wassernymphen, die ein Badetuch tragen.

Sie sagen, bei der offiziellen Führung werden die Bäder ausgespart. Bekommen sie Besucher gar nicht zu Gesicht?

Doch. Sie sind Teil der sogenannten Verborgene-Räume-Führung „Von Schlafzimmer zu Schlafzimmer“.

Gab es noch andere Geheimgänge?

Ja, auch das Personal hatte geheime Gänge und es gibt sogar ein unsichtbares Zwischengeschoss, die Dieneretage, in der die Bediensteten wohnten.

Und wer, wenn nicht das Kurfürstenpaar, bewohnte das Schloss?

Der Bruder des Architekten, Louis de Pigage. Er hatte die Aufgabe, das Schloss zu verwalten – und musste seinen Arbeitgeber, den Kurfürsten, regelmäßig um Geld zu bitten, um das Gebäude und den Garten zu unterhalten.

Was sollte man in Benrath auf keinen Fall verpassen?

Die Gartenanlagen von Schloss Benrath sind wunderschön. Da sind zum einen die privaten Gärten von Karl Theodor und Elisabeth Auguste, ein englisch angelegter Wandelgarten und ein Barockgarten wie mit Zirkel und Lineal gezogen. Sehenswert sind aber auch der große Küchengarten und die Orangerie.

Charakteristisch für Schloss Benrath ist auch die Nähe zum Rhein. Das ist ein Pluspunkt, auf den wir unsere Besucher*innen gern hinweisen. Durch den Schlosspark sind es nur 900 Meter bis zum Rheinufer. Dort kann man wunderbar am Strand sitzen, die Füße kühlen und den Tag in einem Fischrestaurant ausklingen lassen.

Bilder: Düsseldorf Tourismus

Jetzt zum Newsletter anmelden und keine Neuigkeiten mehr verpassen