„Mode spielte immer eine Rolle“

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„Mode spielte immer eine Rolle“

Interview mit Romina Dümler und Leonard Merkes von der ZERO foundation

Auf dem Boden die Farbspuren von Günther Ueckers emsigen Schaffen, an den Wänden die Kunstwerke mehrerer ZERO-Künstler*innen. Flankiert ist das ganze unter anderem von zeitgenössischen Modekreationen. Im ehemaligen Ateliergebäude der Düsseldorfer ZERO-Künstler Mack, Uecker und Piene feiert die hier heute ansässige ZERO foundation ihr 15-jähriges Bestehen mit einer Ausstellung zum Thema ZERO und Mode.

In der Zeit vom 16. April bis zum 2. Juli 2023 steht dabei die Auseinandersetzung der zeitgenössischen Modedesignerin Viktoria Lorenz mit der ZERO-Kunst im Zentrum. Lorenz hat in Anlehnung an verschiedene Kunstwerke eine zwölfteilige Kollektion entwickelt. Monochrome Oberflächen in Schwarz und Weiß werden durch geometrische Strukturen belebt, die Formensprache der Kunstbewegung spiegelt sich in den Silhouetten und Accessoires. Die Kurator*innen Romina Dümler und Leonard Merkes geben anlässlich der Ausstellungseröffnung Einblick in die Hintergründe der Vermählung der Kunstströmung mit jungem Modedesign, Szenografie und Soundcollagen.

Welche Rolle spielte Mode für ZERO?

Romina Dümler: Mode spielte immer eine Rolle. So entwarf z.B. der Italiener Lucio Fontana – bekannt für seine Löcher und Schlitze in der Leinwand – Damenkleider mit ähnlichen Stilelementen. Auch Yves Klein, der im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen eine monumentale Wand in dem typischen Yves-Klein-Bau schuf, kreierte für die Architektengattin Anita Ruhnau zur Eröffnung des Hauses ein mondänes Abendkleid. Wir zeigen in der ZERO foundation außerdem ein Schuh-Objekt von Yayoi Kusama sowie das legendäre „ZERO-Kleid“, das bei den ZERO-Demonstrationen der 1960er Jahre von den Zuschauenden getragen wurde. Eine weiße „0“ auf einem geraden schwarzen, knielangen Kleid, das die Träger*innen in eine menschgewordene ZERO-Null verwandelte.

Leonard Merkes: Dazu kommen die persönlichen Geschichten: Otto Piene unterrichtete zehn Jahre lang an der Düsseldorfer Modeschule. Er hat nie ein Kleid entworfen, aber viele Schüler*innen für Kunst begeistert. Übrigens hatten sie die ZERO-Kleider für die Performances genäht. Heinz Mack entdeckte eine Art silbernen Raumanzug, der sehr gut zur Idee der ZERO-Künstler passte, mit der Kunst hinauszugehen, dem Himmel entgegen.

Wie kam die Idee auf, eine solche Ausstellung zu entwickeln?

Leonard Merkes: Die Modedesignerin Viktoria Lorenz stieß 2014 auf die Kunst der ZERO-Avantgarde im New Yorker Museum of Modern Art, MoMA, und fertigte erste Entwürfe einer Kollektion an. Damit kam sie auf die ZERO foundation zu. Unsere Direktorin, Barbara Könches, hatte die Idee, an Stelle einer Modenschau eine ganze Ausstellung zum Thema zu machen.

Romina Dümler: Wir hatten die Möglichkeit, die klassischen Kunstwerke und die Mode von Viktoria Lorenz inmitten des außergewöhnlichen Sounddesigns von Konrad Jackisch und der innovativen Szenografie von Anika Koppe zu präsentieren. Alle Sinne werden angesprochen. Das ist typisch für die ZERO-Kunst, die ja ein allumfassender Gestus war, kein Stil und keine Gruppe.

Auf welches Stück in der Ausstellung sind Sie besonders stolz?

Leonard Merkes: Auf die Seidenrobe von Yves Klein für Anita Ruhnau. Denn tatsächlich ist uns kein anderer Kleiderentwurf von ihm bekannt. Es war ein Freundschaftsdienst, und wir freuen uns sehr, dass Frau Ruhnau uns das Kleid zur Verfügung gestellt hat. ZERO hat ja immer viel mit Licht zu tun und die Seide des Kleides leuchtet regelrecht.

Welche Bedeutung hat ZERO für Düsseldorf? Und Düsseldorf für ZERO?

Romina Dümler: Mack, Piene und Uecker haben von Düsseldorf aus eine internationale Kunstavantgarde ins Leben gerufen. Das ist bis heute einmalig.

Die ZERO foundation hat die renommierte Modetheoretikerin Barbara Vinken, Professorin an der Ludwig-Maximilian-Universität in München, in das Projekt miteinbezogen. Sie wird am 2. Oktober 2023 einen Gastvortrag zum Thema “ZERO und Mode” halten. Der Vortrag wird anschließend veröffentlicht. Öffentliche Führungen am 17. Mai 2023 und am 14. Juni 2023, jeweils um 17.30 Uhr sowie im Rahmen des „Strike a Pose“ Festivals am 2. Juni 2023 um 16 Uhr.

Reportage: Ilona Marx

Bilder: ZERO foundation, Ruth Magers

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