Modedesignerin Aleks Kurkowski in ihrem Store, das auch Atelier und Showroom ist.

Modedesignerin Aleks Kurkowski im Interview

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„Düsseldorf ist sehr intim, vielfältig, kreativ, offen und voller interessierter Menschen.“

In Polen geboren, in Essen aufgewachsen, in Berlin gestrandet. In Düsseldorf hat Modedesignerin Aleks Kurkowski ihre „schönste Wahlheimat“ gefunden und ist angekommen. Seit sieben Jahren lebt und arbeitet sie in Pempelfort und ist tief verwurzelt mit der heimischen Kreativszene. Ihr gleichnamiges Label steht für minimalistisch-avantgardistische Kleidung aus nachhaltigen Materialien. Dass sie eigentlich Architektin werden wollte, erkennt man an den cleanen Schnitten und der industriellen Ästhetik ihres Showrooms, der Atelier, Store und Galerie in einem ist. In einem ehemaligen Kindermodengeschäft an der Schlossstraße hat die 41-jährige Modedesignerin einen kreativen Ort für anspruchsvolle Kleidung und Kunst geschaffen. Dort zeigt sie neben ihrer eigenen Kollektion hochwertige Accessoires befreundeter Labels und wechselnde Ausstellungen.

Modesignerin Aleks Kurkowski sortiert ihre Schnittmuster.
Modedesignerin Aleks Kurkowski at work.

Was fasziniert dich an Mode? Welche Kraft steckt in ihr?
Ich persönlich mag das Wort Mode nicht und spreche lieber von Kleidung. Mode beinhaltet einen Trend, man sollte aber bestenfalls nicht nach Trends gehen, sondern lieber überlegen: Was gefällt mir? Worin fühle mich wohl? Kleidung ist ein Kommunikationsmittel. Sie ist der erste Eindruck, den wir von einem Menschen bekommen und somit die erste Art zu kommunizieren. Sie drückt aus, wer jemand ist und welche Werte diese Person hat. Das macht Kleidung so machtvoll und daher so wertvoll.

Du wolltest ursprünglich Architektin werden. Was hat dich dazu bewogen, als Modedesignerin lieber Kleidung statt Häuser zu entwerfen?
Bis in der Architektur ein kreativer Prozess beendet ist, also ein fertiges Gebäude steht, dauert es Jahre. Das erschien mir zu lang. Als Jugendliche habe ich eine Modenschau gesehen und war auf der Stelle fasziniert davon, wie man einzelne Teile zu einem Outfit kombinieren kann, das fantastisch aussieht. Also habe ich mich entschlossen, statt Architektur lieber Modedesign zu studieren. Erst habe ich als angestellte Modedesignerin in der Industrie gearbeitet, aber als es hieß „die Produktion verlagern wir nach China und statt Baumwolle machen wir in Polyester“, war mir klar: Das entspricht nicht meinen Werten von Kleidung. Also habe ich gekündigt und mich 2012 mit meinem eigenen Label selbstständig gemacht.

Du setzt auf faire Produktion und nachhaltige Materialien. Wieso ist dir diese Form von Nachhaltigkeit in der Mode so wichtig?
Ich verwende für meine Kleidung ausschließlich natürliche Materialien wie Wolle, Baumwolle und Leinen sowie pflanzlich gegerbtes Leder. Ich setzte dabei oft auf Bioqualität, meine Knöpfe sind zertifiziert und ich lasse in meinem Heimatland Polen fair fertigen. Mir ist Nachhaltigkeit in allen Bereichen wichtig. Man kann nicht zu 100 Prozent nachhaltig leben, das ist utopisch, aber wenn man anfängt, in einem Segment nachhaltig zu denken, erweitert sich das unweigerlich in andere Bereiche. Wenn ich schon in der Modebranche arbeite, dann sehe ich es als meine Pflicht, das auch nachhaltig zu tun.

Kann Mode überhaupt nachhaltig sein? Und welche Aspekte kann man als Verbraucher*in beachten?
Zuallererst sollte man beim Kauf von Kleidung auf die Qualität achten, möglichst Polyester vermeiden und prüfen, wo genau die Kleidung produziert wurde. Ein weiterer Aspekt ist, dass man nicht jeden Trend mitmacht, sondern einen eigenen Stil entwickelt, den man lange verfolgt. Sich etwa einen Mantel zu kaufen, der zwar etwas teurer ist, der aber lange hält und den man immer wieder anders kombinieren kann, statt sich jede Woche ein neues Outfit zuzulegen. Damit kann man schon sehr viel erreichen.

Wie würdest du den Stil deiner Kollektion beschreiben?
Minimalistisch. Stark. Androgyn. Ich schätze die Stärke maskuliner Kleidung und setze sie auch für Frauen um. Ich lege sehr viel Wert auf den Schnitt. Anfangs war ich inspiriert von Darkwear und von Designer*innen wie Rick Owens, Yohji Yamamoto und Ann Demeulemeester. Meine Kollektion war sehr avantgardistisch und komplett schwarz. Wenn alles Schwarz ist, ist der Schnitt das Allerwichtigste, er wird nicht von Farben oder kleinen Details unterbrochen oder abgelenkt. Im Laufe der Zeit ist meine Kollektion klassischer und eleganter geworden. Neben Schwarz verwende ich auch Weiß und Grau und jede Saison eine Akzentfarbe wie Beige oder Olivgrün.

Aleks Kurkowski erklärt an einer grauen Hose ihre Schnitte wie hier diagonale Nähte.
Diagonale Nähte gehören zu den wiederkehrenden Elementen der Modedesignerin.

Wie sieht dein kreativer Prozess aus? Wie gehst du als Modedesignerin bei der Entwicklung einer Kollektion vor?
Ich starte mit einem Grundschnitt, mit Linien und Zahlen, die mich inspirieren. Ich gehe sehr mathematisch an meine Entwürfe heran. Dann entwickeln sich langsam Details wie Taschen und Abstände, die ich interessant finde. Ich arbeite viel mit Cut-outs, Linien, minimalistischen Details und mit diagonalen Nähten, in die ich Taschen einfüge. Sehr viel baut aufeinander auf. Der Fokus meiner Kollektion liegt auf Jacken, Mänteln und Hosen, weil ich diese Produkte am wichtigsten finde. Man kann einen tollen Mantel tragen, dazu eine perfekt geschnittene Hose und ein schlichtes Shirt – schon sieht man gut aus. Für ein großartiges Outfit reicht oft nur ein besonderes Teil als Highlight.

Welche Tipps gibst du jungen Modetalenten mit auf den Weg?
Ich rate ihnen, von Grund auf zu versuchen, nachhaltig zu arbeiten. Am besten schon im Studium. Es ist nicht immer leicht und oft auch kostenintensiv, aber es lohnt sich. Lieber weniger Materialien in der Kollektion, dafür aber besondere. Als ich angefangen habe, gab es kaum avantgardistische Designer*innen, die auch nachhaltig gefertigt haben. Dabei ist das kein Widerspruch, denn man kann einen Schnitt auch aus nachhaltigen Materialien nähen.

Was inspiriert dich?
Ich lasse mich gerne vom Stil und der Kleidung in anderen Ländern inspirieren. Spanien ist mein liebstes Reiseland, ich mag dort die Leichtigkeit, Lockerheit und Lässigkeit der Menschen, die dennoch immer sehr elegant wirken.

Karolina Landowski und Aleks Kurkowski sitzen an einem abgerundeten Glastisch und reden miteinander.
Aleks Kurkowski (links) und Karolina Landowski im Interview.

Du hast eine Weile in Berlin gelebt und bist dann aber an den Rhein gezogen. Was macht die Düsseldorfer Kreativszene aus und was unterscheidet sie von der in anderen Städten?
Die Kreativszene in Düsseldorf ist sehr bodenständig, was absolut positiv ist. Ich habe vorher vier Jahre lang in Berlin gelebt und war sehr begeistert, wie herzlich man in Düsseldorf als Kreative aufgenommen wird. Hier will man Kooperation und Community, alle gehören dazu und niemand wird ausgeschlossen. Hier wird jede*r miteinbezogen. Düsseldorf ist sehr intim, vielfältig, kreativ, offen und voller interessierter Menschen. Für mich ist Düsseldorf die schönste Wahlheimat.

Welche Düsseldorfer Designer*innen sollte man kennen?
Ich schätze die Modedesignerin Marion Strehlow sehr, mit der ich auch oft zusammenarbeite, sowie die die Schmuckdesignerinnen vom Atelier „Hinter Indien“. Toll ist auch das nachhaltige Düsseldorfer Taschenlabel Sharokina, das ich auch in meinem Store führe.

Was macht Düsseldorf zu einer Modestadt?
Aus Business-Sicht sind es die Düsseldorfer Fashion Days, auf denen professionell Mode geordert wird. Generell bieten die Königsallee, die Innenstadt und die Altstadt ein sehr angenehmes Shoppingerlebnis. Man kauft in Düsseldorf nicht nur ein, man geht hier beim Einkaufen spazieren. Ich lade alle Freund*innen und Bekannten nach Düsseldorf ein, um durch die Geschäfte und über die Königsallee zu schlendern, die ein besonderer und schöner Ort ist.

Lederwaren von Sharokina, einem Düsseldorf Label, auf einem Regal stehend.
Neben ihren eigenen Styles führt Aleks auch ausgewählte Produkte wie hier Lederwaren vom Düsseldorfer Label Sharokina.

Was verbindest du persönlich mit der Stadt?
Schon als junge Frau habe ich mich immer in Düsseldorf mit einem eigenen Modeladen gesehen. Meine Schwester hat hier ihr Architektenbüro und ich war zu meiner Berliner Zeit oft zu Besuch und habe mich einfach in Düsseldorf verliebt. Vor allem, weil es so viel Kreativität auf so einer kleinen Fläche gibt. Berlin war mir zu groß zum Leben. In Düsseldorf ist alles zu Fuß erreichbar. Das habe ich mir immer gewünscht: eine Innigkeit und dennoch große Vielfalt.

Wo in Düsseldorf kann man dich treffen? Hast du ein Lieblingsviertel?
Natürlich ist das „mein“ Viertel Pempelfort – zum Leben, Arbeiten, Abhängen. Um mein Atelier versteckt sitzen viele andere Kreative, hinzu kommt der Hofgarten die vielen Museen … Ich bleibe gerne in meinem Kiez und schlendere durch die Geschäfte und Cafés an der Nordstraße. Ich liebe Sushi und gehe gerne bei Renya und Yabase japanisch essen. Meine Stammkneipe ist das Café a Gogo und als begeisterte Whiskey Trinkerin trifft man mich auch in der Liq Bar. Die Kaffee Privatrösterei in der Schwerinstraße und das Kwadrat sind meine absoluten Lieblingscafés.

Gibt es in Düsseldorf einen Ort, der dich besonders beeindruckt und inspiriert?
Am meisten inspiriert mich mein Weg von zuhause zum Rhein: durch den Hofgarten, vorbei am Kunstpalast und dem NRW Forum. Dort gehe ich sehr oft spazieren, auch mit meiner kleinen Tochter. Diese Orte inspirieren mich, weil ich dort Ruhe finde und sehr in Gedanken und damit auch kreativ sein kann.

alekskurkowski.com

Interview: Karolina Landowski
Fotos: Kristina Fendesack

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