
Zu Besuch im Restaurant Agata’s bei Jaspar Wcislo, Koch des Jahres 2024
„Man kann schön im Füchschen an der Ratinger sitzen und Tradition atmen.“
Jaspar Wcislo zeigt auf Instagram wie man Burger-Buns backt, eine klassische Pasta Amatriciana zubereitet und wo er am liebsten Pommes isst. Doch Jaspar ist kein Food-Influencer, sondern Koch. Und zwar nicht irgendein Feld-Wald-und-Wiesen-Koch, nein: Er wurde 2024 zum Koch des Jahres gekürt. Er arbeitet in der Sternegastronomie, genauer gesagt im Agata’s von Agata Reul. Dort zaubert er gemeinsam mit Küchenchef Marcel Förster echte Gourmetküche in elegantem Ambiente. Wir durften ihn im Agata’s besuchen, wo er uns mit einem köstlichen Sorbet aus gerösteter Paprika umspielt von Passionsfrucht, einer Tomaten-Basilikum-Essenz und selbstgebackenem Brot empfing. Wir sprachen mit ihm über die anstehende Küchenparty im Lohauserhof im Rahmen von Chefs in Town, seinem Titel als Koch des Jahres und davon, wie man einen Bohneneintopf dekonstruiert. Und falls ihr euch fragt: Jaspars Nachname Wcislo wird Zislo ausgesprochen.

Jaspar, wir sitzen im Agata’s, wo du als Koch arbeitest. Was hat dich nach Düsseldorf verschlagen?
Ich habe vorher in Andernach bei Koblenz gearbeitet und habe während dieser Zeit meine Freundin kennengelernt. Wir brauchten beide eine Veränderung und weil meine Freundin ursprünglich aus Mettmann kommt, haben wir uns dazu entschieden nach Düsseldorf zu ziehen. Es gab dann ein, zwei Telefonate und ich habe im Agata’s Probe gearbeitet. Alles weitere ging dann relativ fix.
Unterstützt von Marcel Förster, deinem Küchenchef, hast du den Titel Koch des Jahres 2024 geholt. Mit welchem Menü konntest du die Jury überzeugen?
Das Thema 2024 war eine Hommage an Dieter Müller, Drei-Sterne-Koch, Legende und Ehrenpräsident der Jury 2024. Vorspeise und Dessert konnte ich mit Marcel vorbereiten, aber der Hauptgang war eine Blackbox: Kalbsbacke, Kalbsfilet, Möhren, Lavendel und noch ein paar andere Lieblingsprodukte von Dieter Müller. Wir waren sehr dankbar, dass es keine völlig verrückte Kiste war. Wir hatten 20 Minuten Zeit für die Vorbereitung. Wir haben ein bisschen mit dem Feuer gespielt und das Ganze modern und jung interpretiert.

Nachdem du zum Koch des Jahres 2024 gekürt wurdest, hast du viel mediale Aufmerksamkeit bekommen. Du bist in Fachmedien und von Falstaff über Tageszeitungen bis zu t-online.de gefeiert worden. Hattest du das erwartet und wie hast du es empfunden?
Marcel und ich wollten einfach ein sauberes Finale hinlegen, mit uns zufrieden sein und einen guten Tag haben. Das wir gewonnen haben, war für uns natürlich eine Sensation. Tatsächlich waren wir am nächsten Tag wieder im Laden, und haben gearbeitet. Es waren so viele Eindrücke, dass man sie gar nicht richtig wahrnehmen konnte. Ich bin eine Woche danach mit einem Bandscheibenvorfall im Krankenhaus gelandet.
Das hört sich schlimm an − ich meine den Bandscheibenvorfall.
Ich habe in dieser Zeit vieles zu extrem betrieben: zu viel Arbeit, zu wenig Schlaf und übermäßig viel Sport. Es gab Phasen, in denen ich Tag für Tag 30 Kilometer gejoggt bin. Nachdem ich mit dem Bandscheibenvorfall auf dem OP-Tisch lag, musste ich einiges ändern. Ich gehe mittlerweile mit mehr Bedacht an Dinge heran. In diesem Jahr saß ich im Halbfinale von Koch des Jahres in der Jury; das war der Moment, an dem ich erst gecheckt habe, was Marcel und ich im letzten Jahr erreicht haben. Allerdings hatte ich schon gemerkt, dass Interesse an meiner Person bestand. Deswegen habe ich mit meinem Instagram-Account begonnen.

Du hast mittlerweile über 13.000 Follower*innen bei Instagram. Du machst eine Reihe namens Pasta Tuesday, bei der du einfache Pastagerichte kochst. Und du gibst Gastro-Tipps, zum Beispiel wo es gutes Gyros gibt.
Der Gyros-Laden ist bei mir um die Ecke. (Lacht.) Ich freue mich einfach wahnsinnig, dass das bei Instagram so gut angenommen wird, es macht mir unglaublich viel Spaß, dafür bin ich echt dankbar. Aber eines meiner liebsten Hobbies ist, – egal, wo ich bin – Orte mit GoogleMaps kulinarisch zu entdecken. Ich zoome mich durch die Stadt, gehe auf Rezensionen, gucke mir Fotos an, lese die Speisekarten und ich verstehe schnell, wie ein Laden tickt. Das liebe ich. Als ich nach Düsseldorf kam, war das für mich ein Schlaraffenland, das sich aufgetan hat und ich mit GoogleMaps entdecken konnte. Ich glaube behaupten zu können, dass ich die Stadt kulinarisch besser kenne, als die meisten die hier schon lange wohnen.


Das Agata’s hat einen Michelin-Stern. Kannst du beschreiben, für welche Art Küche ihr steht?
Das Agata’s gibt es jetzt seit 13 Jahren. Marcel Förster ist seit dreieinhalb Jahren Chef und ich bin seit drei Jahren dabei. Anfangs stand das Restaurant für Fine Dining mit japanischen Einflüssen, aber wir fanden, es gibt genug japanisches Essen in Düsseldorf. Marcel hat daher eine andere Richtung eingeschlagen. Jetzt gibt es auch deutsche Küche. Das kann ein Eintopf sein, der feiner interpretiert wird. Wir machen vieles selbst, auch das Brot wird von uns gebacken. Agata Reul hat eine enorme Power und Temperament. Sie heißt alle in ihrem Restaurant willkommen. Uns ist wichtig, dass man sich wohlfühlt. Es soll kein steifer Ort sein, sondern Kulinarik und Spaß sollen miteinander an erster Stelle stehen.
Was kann man sich unter einem Eintopf auf Sterneniveau vorstellen?
Nehmen wir als Beispiel einen Bohneneintopf. Den würden wir dekonstruieren. Man legt dann zum Beispiel grüne Stangenbohnen ein, das sorgt für eine Säure, dazu kochen wir schöne Käferbohnen. Meistens gehört Schweinefleisch in einen Eintopf. Also nehmen wir geräucherten Speck und kochen daraus eine weiße, helle Soße, ein Schaumsößchen. Außerdem nehmen wir noch ein Kotelett vom Schwein. Wir würden das von einem besonderen Schwein aus der Region wählen. Das Kotelett garen wir perfekt rosa, schneiden es auf und richten das mit den einzelnen Bohnen an, fügen das Speckschäumchen hinzu. Das wäre eine Art den Bohneneintopf zu interpretieren.

Jetzt habe ich Appetit bekommen. Apropos Appetit. Die zweite Runde Chefs in Town steht Ende September an und ihr macht eine Küchenparty im Lohauserhof.
Ja, das ist unsere Eventlocation, wirklich wunderschön. Ich habe mich regelrecht in den Ort verliebt. Ich werde dort sogar nächstes Jahr heiraten.
Wow. Herzlichen Glückwunsch!
Danke. Der Lohauserhof ist ein Vierkanthof*, der über 100 Jahre alt ist. Wenn die Sonne tief steht, habe ich ein Gefühl, als säße ich in der Toskana – bloß mitten in Düsseldorf. Zu Chefs in Town werden wir gemeinsam mit Björn Freitag eine Küchenparty unter dem Motto The Great British Bite veranstalten. Als Björn Freitag den Lohauserhof besuchte, hat er in der Location einen britischen Vierkanthof gesehen und meinte, er habe Bock auf ein britisches Event. Wir werden deswegen Newcastle Brown Ale anbieten, natürlich Fish and Chips, British Sparkling Wine in Champagnerqualität und vieles mehr. Wir machen auch einen Bohneneintopf, Beans and Pork, mit Fleisch vom Berkshire Schwein, das aber in NRW gezüchtet wird. Wir freuen uns alle sehr auf das Event.
*(Eine Bauart, bei der in der Mitte ein rechteckiger Hof von allen Seiten durch die Hofgebäude umschlossen wird.//Anm.d.Red.)

Düsseldorf hat sich in den letzten Jahren einen guten Ruf als Foodie-City erworben. Ich höre oft, wie sehr das kulinarische Angebot in seiner Vielfalt geschätzt wird. Was meinst du als Profi dazu?
Ja, das ist stimmt. Es gibt natürlich das multikulti, laute Berlin, das nach wie vor die Nummer Eins in Deutschland ist. Danach kommt vielleicht Hamburg. Und dann gibt es einige Städte wie Frankfurt oder Köln, die cool sind. Köln ist ein bisschen jünger und vielleicht auch unkomplizierter. Aber in Düsseldorf haben wir mit der japanischen Community einen Riesenvorteil. Ich habe in Deutschland selten so gut japanisch gegessen. Hinzukommt die Vielfalt, du kannst 15 verschiedene Ramen essen und alle sind gut. Außerdem hat man die ultratraditionellen Läden mit ihrer Brauhauskultur. Das finde ich immer wieder toll. Man kann schön im Füchschen an der Ratinger sitzen und Tradition atmen. Oder man geht in die Eiskeller Weinbar. Das kulinarische und kulturelle Angebot ist wahnsinnig. Man kann sich wirklich nicht über die Lebensqualität in Düsseldorf beschweren.
Jaspar findet ihr bei Instagram unter jaspar.wcislo.
Text: Cynthia Blasberg
Fotos: Kenny Tran



