‘’Ich kann mit beiden Kulturen nicht nur etwas anfangen, sondern lebe sie immer noch jeden Tag’’

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‘’Ich kann mit beiden Kulturen nicht nur etwas anfangen, sondern lebe sie immer noch jeden Tag’’

Interview mit Yuta Maruyama

Yuta Maruyama ist Zauberkünstler und Bühnen-Moderator. Geboren wurde er in Tokio. Durch ein Job-Angebot hatte sein Vater Anfang der 80er-Jahre die Wahl, für einen Gitarren-Hersteller entweder eine Filiale in New York oder aber in Düsseldorf zu leiten. Die Entscheidung fiel auf die Landeshauptstadt am Rhein. So zog Familie Maruyama über Karlsruhe nach Düsseldorf, als Yuta gerade acht Monate alt war. Im Interview erzählt er von seinen ersten Berührungspunkten mit dem japanischen Angebot der Stadt und ‚Karaoke-Konvertiten’. Außerdem berichtet er, wie er insgeheim über ‚Zauberbüchern‘ aus der Stadtbibliothek büffelte und eine schicksalhafte Party-Begegnung in der japanischen Community ihm letztlich den motivierenden Anstoß auf dem Sprungbrett in seine Karriere als Zauberkünstler gab.

Wo empfindest du die japanische Kultur in Düsseldorf am stärksten?

Es gibt auf jeden Fall jede Menge Orte in Düsseldorf, die den ‚Japaner in mir‘ triggern: Angefangen bei simplen Sachen, wie den Supermärkten hier. Ich glaube, da spreche ich für alle Japaner*innen, wenn ich sage, die sind wirklich authentisch. So wird etwas Alltägliches und Beiläufiges wie ein kurzer Einkauf für die Japaner*innen hier manchmal schon zu einem Moment, wo man sich ‚zuhause‘ fühlt. Ich meine Adressen im Zentrum, wie Shochiku, Hanaro oder Dae-Yang.
Wenn ich mir noch eine Sache für die Düsseldorfer Laden-Landschaft wünschen dürfte, dann wären das definitiv die Konbini-Stores aus Japan. ‚Konbini‘ ist quasi die abgekürzte, japanisch ausgesprochene Version von ‚Convenience‘. In Konbini-Stores kriegt man 24/7 das Wichtigste für den Alltag, warme und kalte Gerichte, teils sogar Klamotten und Bürobedarf. Mittlerweile kann man in einigen deutschen Supermarkt-Filialen beobachten, das kleine japanische Ecken eingerichtet werden, aus denen man frisch zubereitete Gerichte kalt gelagert mitnehmen kann wie Sushi, Soba-Nudeln, Karaage-Hühnchen oder Salate. Im Prinzip fehlt nur noch die ‚Eingangs-Melodie‘ an der Tür, die ich noch als Ohrwurm aus meinem Urlaub als Kind in Tokio von den ganzen Konbinis kenne.

Hast du einen Tipp, wo man einen ausgelassenen, ‚japanischen‘ Abend der besonderen Art erleben kann?

Was in Düsseldorf absolut cool ist: Man kann richtig gut japanisch Karaoke singen gehen, besonders im Lime Light, unten im Clayton Hotel. Wer es noch nicht probiert hat, sollte dies unbedingt tun. Was vielleicht einige gar nicht wissen: Karaoke ist tatsächlich ein japanisches Wort und kommt auch aus Japan. Es ist ein zusammengesetztes Wort – ‚Kara‘ bedeutet ‚Leer‘, ‚Oke‘ ist die Abkürzung von ‚Orchester’. Kombiniert also das ‚leere Orchester’. Ähnlich wie beim Wort ‚Karate‘.

Ist japanisches Karaoke denn so anders als herkömmliches Karaoke?

Auf jeden Fall: Klassischerweise bekommt man in Japan beim Karaoke-Abend nämlich einen privaten Raum für die eigene Gruppe, in dem man Getränke etc. bestellen kann. Das hat natürlich eine ganz andere Atmosphäre und Energie, als wenn man in einer vollen Kneipe sitzt und vor wildfremden Menschen lossingen muss. Viele meiner Freund*innen, die vorher absolut keine Karaoke-Fans waren, habe ich inzwischen ‚bekehrt‘. Am Ende eines Abends in einer japanischen Karaoke-Bar waren sie heiser gesungen und total begeistert – nicht wenige fragten direkt nach dem nächsten Karaoke-Abend!

Wie hast du in deiner Kindheit und Jugend die japanische Community in Düsseldorf wahrgenommen?

Meine ältere Schwester und ich sind ja in einem japanischen Haushalt aufgewachsen – den Kontakt zu japanischen Freund*innen und Läden hatten wir dann aber erst im Jugendalter. Meine Schwester hatte Japaner*innen an einem Wochenende auf der Immermannstraße kennengelernt und mich irgendwann angefangen mitzunehmen – damals war ich 16 Jahre alt.

Ich blicke auf zahllose, wahnsinnig witzige Abende im Japan-Viertel um die Immermannstraße herum zurück. Sehr zu empfehlen sind die vielen authentischen japanischen Kneipen in Düsseldorf, die sogenannten Izakayas, bei denen man neben Sake-Wein und japanischen Bier-Marken auch bis zu später Stunde verschiedene warme Snacks und Gerichte, vor allem vom Grill, bestellen kann.

Wie kamst du zur Zauberei?

Ich bin über Umwege zur Zauberei gekommen: Wir hatten nicht viel Geld, erst recht nicht genug für Videospielkonsolen… Als wir noch Kinder waren, haben wir also mit der Familie zu Hause ständig Karten gespielt. Bevor ich also von der Zauberei mit Spielkarten wusste, hatte ich immer schon ein Kartendeck in der Hand. Als mir dann ein Freund einen simplen Zaubertrick mit meinem Deck in der Schule zeigte, war ich total erstaunt. Ich bin daraufhin sofort in die Stadtbibliothek gelaufen und habe mir jede Menge Bücher zum Thema Zauberei ausgeliehen – das Internet gab es damals noch nicht. Zu Hause habe ich dann über Monate und Jahre fleißig auswendig gelernt und geübt, ohne dass meine Freund*innen überhaupt davon wussten! Später habe ich dann auf der japanischen Geburtstagsparty einer Bekannten zufällig jemanden kennengelernt, der das Ganze wohl schon etwas länger praktiziert hatte: Yuki führte an dem Abend einige spektakuläre Tricks für die Gäste vor. Ich kannte einige seiner Show-Elemente, aber eben bisher nur von Performer*innen aus dem Fernsehen, es hatte einen wahnsinnig coolen Effekt, das mal live zu erleben! Das war ein ganz anderes Level im Vergleich zu meinen Einlagen – trotzdem zeigte ich ihm später am selben Abend ein paar meiner einstudierten Nummern und er gab mir jede Menge wertvolle Tipps und Aha-Momente mit. Das war für mich ein Schlüsselmoment, in dem ich gemerkt habe, was eigentlich mit Zauberei vor Publikum möglich ist. Yuki, mittlerweile ein langjähriger guter Freund, kam aus einem ganz ähnlichen Background wie ich: Wir sind beide in Deutschland mit japanischen Eltern aufgewachsen, waren beide begeistert von Breakdance, Videospielen, Manga und Anime und der Zauberei.

Du bist ja nach wie vor großer Anime & Manga Fan, hast schon einige der größten Events in Düsseldorf und Deutschland zu dem Thema als Bühnen-Moderator begleitet. Wie wichtig siehst du die Rolle von Anime & Manga in Bezug auf japanische Pop-Kultur?

Also Manga und Anime ist immer noch ein wahnsinnig verbreiteter Türöffner zur japanischen Kultur für viele Menschen. Ich kenne sogar Leute, die teils nicht mal wussten, dass es aus Japan kommt. Als Freund*innen und Bekannte durch Manga und Anime den ersten Kontakt zur Sprache und Kultur hatten, ging es für nicht wenige von ihnen dadurch weiter mit der Faszination und sie fingen an, japanisch zu lernen. Einige von ihnen begannen sogar ein Studium in dem Bereich, arbeiteten teils in Japan. Natürlich bildet Manga und Anime nur einen speziellen Teil der japanischen Kultur ab, dennoch hat man bei Events wie dem jährlichen Japan-Tag einen riesigen Anteil an Leuten, die vor allem wegen der Begeisterung für Manga und Anime in die Stadt strömen. Die Veranstaltung bietet aber natürlich viel mehr authentisch japanische Angebote darüber hinaus an.

Titelbild: Düsseldorf Tourismus

Titelbild und Beitrag sind gefördert durch REACT-EU.

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