„Keramik ist für mich nicht meditativ.’“
Interview mit Jimu Kobayashi
Jimu Kobayashi, geboren und aufgewachsen in Düsseldorf, ist studierter Industrial Designer und Keramikkünstler. Wir trafen ihn in seinem Atelier in Flingern. Im Interview erzählt Jimu, wie ihn seine Familienhistorie in seiner künstlerischen Arbeit beeinflusst.
In welchen Momenten siehst du deine Kunst von deiner japanischen Seite beeinflusst?
Das fängt für mich bei der Formsprache an. Diese beschreibe ich bewusst als eher zart und zurückhaltend, mit minimalistischem Ansatz. Die Objekte sollen sich im Raum-Kontext optisch nicht zu aggressiv nach vorne drängen. Auch in der Farbe arbeite ich eher leise. Was damit gemeint ist, lässt sich zum Beispiel bei den Werken, die mit schlichten Tönen bemalt sind, erkennen. Hier wird erst im letzten Schritt das lautestes Element ergänzt – ein einziger großer Pinselstrich über das Werk.
Früher wollte ich mich in meiner Arbeit bewusst nicht so sehr von der japanischen Ästhetik beeinflussen lassen, weil ich mir selbst nicht wie ein Klischee vorkommen wollte. Meine Arbeit sollte für sich selbst sprechen. Doch mit der Zeit habe ich gelernt, dass sich dieses kulturelle Erbe und mein künstlerischer Ausdruck nicht ausschließen. Ich glaube, mittlerweile kann und will ich diese japanisch geprägte Ästhetik aber auch gar nicht mehr abschalten.
Wie bist du zu deiner Kunst gekommen?
Als ich das erste Mal in Berührung mit dem Handwerk kam, hatte ich sofort das Gefühl, ein Händchen dafür zu haben – aber auch den nötigen Eifer. Ich hatte klare Vorstellungen und konnte relativ schnell die Formen mit dem Ton bilden, die ich mir vornahm. Was nicht heißen soll, dass das Ganze einfach für mich war, denn was mir an Keramik besonders gut gefällt ist, dass es diesen großen Aspekt der Herausforderung stellt. Jede*r, der beispielsweise schon mit Ton auf einer Drehscheibe gearbeitet hat, weiß, wie schwierig es am Anfang sein kann, das Material so zu formen, wie man es sich vorstellt und wie frustrierend es werden kann, wenn man nicht die nötige Geduld mitbringt. An diesem Prozess wächst man und lernt sich dem Prozess zu fügen. Man darf den Fokus nicht aus den Augen verlieren. Das klingt zwar erst einmal meditativ, ist es für mich aber nicht, jedenfalls nicht im entspannenden Sinne! Tatsächlich ist es jedes Mal eher ein innerer Kampf, ein Problem, das ich versuche zu lösen.
Inwiefern spielt deine Familienhistorie in deiner Kunst eine Rolle?
Dadurch, dass ich mich vor ein paar Jahren dazu entschieden habe, unser Familienwappen in meine Keramiken einzubetten, versuche ich auch ein Stück weit an meine kulturellen Wurzeln anzuknüpfen. Das Wappen kann man In Action auch in unserem Familienrestaurant Naniwa sehen, dort sind die Ramen-Schüsseln mit der Insignie versehen.
Ein traditionelles Familien-Wappen hat historisch in Japan eine große Bedeutung. Man kann es sich auch nicht aussuchen und muss oft relativ weit und genau in der eigenen Familienhistorie zurückblicken, um herauszufinden, wie es aussieht oder was es bedeutet. Wir hatten das Glück, einen recht nachvollziehbaren Familienstammbaum zu haben. Dadurch wissen wir, dass unsere Vorfahren über Generationen auf dem Land in Niigata gewohnt hatten und eine damals hoch angesehene Familie in der Tradition des Reisanbaus war.
Gab es für dich nie den Plan, im Geschäft des Familienrestaurants einzusteigen?
Ich habe tatsächlich auch einige Jahre neben meinem Studium des Industrial-Designs im Naniwa gearbeitet, sowohl in der Küche als auch im Service. Natürlich kam auch immer wieder die Frage in unserer Familie und in mir selbst auf, ob mein Bruder Masao und ich das Familiengeschäft denn nicht zusammen irgendwann übernehmen wollen würden. Für mich persönlich allerdings wäre das wahrscheinlich nichts. Die Arbeit dort nebenbei war eine wertvolle Erfahrung für mich im gastronomischen Bereich, gleichzeitig habe ich aber auch gemerkt, was für ein absoluter Knochenjob es ist. Unser Vater ist ein klassischer Workaholic. Die ersten Jahre nach seiner Übernahme des Ladens vom vorherigen Besitzer Anfang der 90er hat er meistens dort übernachtet. Er wollte noch effizienter und früher am nächsten Tag arbeiten. Die Geschichte meines Vaters ist für mich absolut bewundernswert, gerade im Kontext seiner Lebensgeschichte als junger Einwanderer aus Japan. Ich habe mich aber schon früh in der Design- und Kunstrichtung gesehen.
Titelbild: Düsseldorf Tourismus
Dieser Beitrag ist gefördert durch REACT-EU.