„Die Weitläufigkeit inmitten der Stadt ist toll.“

Anna Pascher studierte Modedesign an der Düsseldorfer AMD und führte über zehn Jahre lang ein Modeunternehmen in Berlin, bevor sie sich ihrer zweiten Leidenschaft, der Kunst, zuwandte und gemeinsam mit ihrer Familie an den Rhein zurückkehrte. Die Bilder, die sie seit 2021 malt, zeigen Alltagsgegenstände – meist sind es Tischszenen, die sie auf surrealistischen Tableaus in farbgewaltige, lebensfrohe Stillleben verwandelt. Pascher experimentiert mit Materialien und Oberflächen, wobei sie sowohl Acryl- als auch Ölfarben auf Papier und Leinwand verwendet. Warum sie von der Spree an den Rhein gezogen ist, wie sich ihr neues Leben in Düsseldorf anfühlt und wo sie Inspiration für ihre Kunst schöpft, erzählt die Anna Pascher beim Besuch in ihrem Atelier in Stockum.

Dein Sujet sind Alltagsgegenstände, die du in surrealistischen Stillleben darstellst. Was fasziniert dich an diesem Thema?
Die Tischszenen sind oft von emotionalen Momenten mit meinen Freund*innen und meiner Familie inspiriert. Gemeinsam am Tisch sitzen und Gespräche führen, das ist für mich sehr wertvoll. Ich spiele gerne mit alltäglichen Gegenständen und abstrahiere ihre Formen. Inzwischen baue ich immer mehr surrealistische Details ein, um aus der konkreten Darstellung auszubrechen und normierte Vorstellungen zu überwinden.

Deine Arbeiten entstehen intuitiv, indem du dich in Situation hineinversetzt. Wie darf man sich das vorstellen, wenn du doch allein in deinem Atelier bist, fernab von jeder geselligen Runde?
Ich denke mich in diese Atmosphäre hinein, auch wenn ich vorher nicht sehr viel plane – zum Beispiel nicht, wie viele virtuelle Personen am Tisch sitzen. Es funktioniert einfach so. Wie ein Kopfkino, besser gesagt ein Kopfrestaurant (lacht). Ich glaube, Vorstellungskraft und Intuition gehören zu meinen größten Talenten.

Du hast mit deinem Mann in Berlin zehn Jahre lang ein Modeunternehmen geführt.
Stimmt. Mein Mann und ich hatten ein Label für Corporate Fashion und haben zehn Jahre in Berlin gelebt und gearbeitet. Wir wollten die Welt der verstaubten Berufsbekleidung aufmischen, sie zeitgemäßer aussehen lassen, was uns auch gelungen ist. Aber dann haben wir vor drei Jahren entschieden, anderen verborgenen Passionen nachzugehen. Für mich war es immer schon ein innerer Ruf, Kunst zu machen und als Corona kam, dachte ich mir: Jetzt oder nie!

2021 bist du mit deiner Familie von Berlin nach Düsseldorf gezogen. Warum?
Es war eine Bauchentscheidung. Wir hatten inzwischen zwei Kinder bekommen und haben uns gefragt, wo wir uns am wohlsten fühlen würden. Dabei sind wir ganz klar auf Düsseldorf gekommen, wo die Familie meines Mannes herkommt. Die Nähe zur Natur, die Weite am Rhein, die kürzeren Wege – das alles hat unsere Entscheidung beeinflusst. Ich hatte hier bereits vier Jahre gelebt, an der AMD Modedesign studiert und meinen Mann in Düsseldorf kennengelernt.

Wie empfindest du das Leben in Düsseldorf?
Es ist sehr angenehm. Ich genieße es, mit dem Fahrrad in die Stadt fahren zu können. Es ist ein Luxus, in zehn Minuten in der Innenstadt zu sein. Die kurzen Wege sind ein großes Glück für uns. Ich kann mich hier viel besser fokussieren. Es fühlt sich runder an, ich bin sehr bei mir. Meine Passion macht mich so glücklich, dass ich ihr am liebsten den ganzen Tag widmen würde. Da ist jede Zeitersparnis ein Geschenk.

Was hat dich nach deiner Ankunft am meisten überrascht?
Überrascht an Düsseldorf hat mich die Entwicklung, die die Ackerstraße in Flingern genommen hat. Ich habe vor 17 Jahren an der Degerstraße gewohnt, damals gab es deutlich weniger Gastronomie und Shops. Schön fand ich allerdings auch, dass ich viele Orte wieder vorgefunden habe, wie ich sie in Erinnerung hatte: den Carlsplatz, die Bäckerei Hinkel, den Salon des Amateurs. Die geliebten, vertrauten Orte sind nach wie vor da, ich bin also sehr schnell wieder angekommen.

Düsseldorf ist Kunststadt. Welche Rolle spielt das für deine Arbeit und dein Leben? Hast du eine Galerie in Düsseldorf, die dich vertritt?
Das zwar nicht – ich arbeite momentan mit der Münchner Galerie Nuo zusammen. Jedoch hatte ich in Düsseldorf bereits nach sehr kurzer Zeit im Off-Space Nails an der Birkenstraße mein erste Soloausstellung. Es kamen sehr viele Leute zur Eröffnung, ich habe die Atmosphäre als familiär und vertraut empfunden. Man kommt ins Gespräch, man konzipiert eine Ausstellung – all das entsteht unkompliziert. Man begegnet Leuten immer wieder auf der Straße, das hat etwas sehr Sympathisches. Dennoch ist die Vielfalt enorm und das Angebot groß, was auch durch die enge Verbindung zu Köln und das DC Open, den gemeinsamen Galerienrundgang der Städte Düsseldorf und Köln, noch zusätzlich befeuert wird.

Was inspiriert dich in Düsseldorf? Gibt es Orte, die dir künstlerischen Input geben? Vielleicht auch gastronomische Orte?
Ich liebe Brasserien, das sieht man meinen gegenständlichen Arbeiten ja an. Ich gehe gern in die Brasserie Hülsmann, in die Brasserie Stadthaus, ins Robert., in die Bar Olio. Das sind großartige Orte.

Wohin gehst du aus, wenn Freund*innen zu Besuch kommen?
Wir gehen dann häufig auf den Carlsplatz, machen kleine Besorgungen, trinken einen Kaffee oder einen Wein an einem Weinstand. Ich mag auch Heinemann sehr gerne. Als mein Mann und ich ganz frisch verliebt waren, hat er mich in das Heinemann-Café auf eine Herrentorte und ein Kännchen Kaffee eingeladen. Er weiß, wie sehr ich Kuchen liebe. Wir sind richtige Heinemann-Fans!

Hast du einen Lieblingsort, den du mit unseren Leser*innen teilen möchtest?
Die Galerien auf der Birkenstraße, dort ist alles sehr kompakt. Ich laufe gerne von Galerie zu Galerie, das ist sehr inspirierend und mir fast lieber als ein Museumsbesuch. Die Sammlung Philara finde ich in Bezug auf ihre Räumlichkeiten sehr beeindruckend – und ich kehre dort auch gerne in das Bulle Bistro ein.

Wohin zieht es dich, wenn du abschalten möchtest?
Ich liebe die Natur, das ist ein Grund, weswegen wir hier sind. Spaziergänge auf den Rheinwiesen in Oberkassel sind zu jeder Jahreszeit schön. Die Weitläufigkeit inmitten der Stadt ist toll. Ich bin aber auch sehr gern hinter der Rennbahn unterwegs, das ist fast noch ein Geheimtipp. Unter der Woche bin ich oft ganz allein dort.

annapascher.com

Interview: Ilona Marx
Fotos: Markus Luigs